Samstag, 10. Mai 2008

Wikipedia - Wicca

Die wiccainterne Propagandamaschine scheint ja ganz gut zu laufen: Nach dem primitiven kleinen Hetzpamphlet aus dem Steinkreismagazin gestern, habe ich heute festgestellt, dass man mein Buch in der Literaturliste des Wikipedia-Eintrages "Wicca" gelöscht hat und ich selbst in einem neu eingefügten Abschnitt über die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Wicca verschwiegen werde.

Hat irgendwie was sektiererisches und ist ziemlich unredlich, kommt mir vor. Es ist ja offensichtlich, dass nicht wenigen Leuten das Buch, das sie oftmals nicht mal gelesen haben oder höchstens in Auszügen, nicht schmeckt (wobei ich den Eindruck habe, das ganze Ding wird auf drei ins Gigantische aufgeblähte Seiten reduziert), aber diese Art der Manipulation ist ja schon ´n Ding.

Das ganze Theater nimmt immer absurdere Züge an. Aber gut, es überrascht auch nicht wirklich. Im Buch nannte ich so etwas "Schutz- und Trutzbündnis gegen Hinterfragung" das an den Opfer-Aspekt des Hexenbegriffes gekoppelt ist.

Wenn man das mal vergleicht: In jeder buddhistischen Publikation über die Rezeption des (tantrischen) Buddhismus in deutschsprachigen Ländern tauchen auch die Trimondis und Colin Goldner auf. Und die haben tatsächlich Hetzschriften verfasst und nichts Wissenschaftliches. Da käme niemand auf die Idee, die zu verschweigen, um sich ein besseres Image zu basteln oder denen zu schaden oder beides.

Shingon

Ich habe diese http://youtube.com/watch?v=f-exRm71-0M&feature=related Aufnhamen von Mantrarezitationen aus dem japanischen Shingon-Buddhismus entdeckt. Hört sich ja toll an...

Zen-Weisheit

"Wo das Schwert der Weisheit herniedersaust, verlieren Sonne und Mond
ihr Leuchten, und Himmel und Erde verlieren ihre Farbe. Durch diese
Erfahrung platzen die Wänste der Teufel, und es öffnet sich dir das
Auge der transzendenten Weisheit."

Hsüeh-tou

Freitag, 9. Mai 2008

Oops!

Sowas! Nach drei Jahren findet sich nun noch immer so etwas http://www.dersteinkreis.de/50-o%20henze.pdf

Ich finde das Ausmaß der Niveaulosigkeit ja echt erschreckend.
*staun*

Und wieso meint Theo, meinen Namen in Anführungszeichen setzen zu müssen? Was glaubt er damit beweisen zu können? Und ist die Annahme, eine ukraino-karpatische Familie und eine schlesische Großmutter würden einander als scheinbar unvereinbare Gegensätze ausschließen das Ergebnis von zuviel Met-Konsum bei Coventreffen? Gott-sei-Dank habe ich niemals meinen sizilianischen Ur-Ur-Großvater erwähnt *lol*

Herrlich finde ich ja auch, wie der werte Theo nun nach so langen Jahren noch immer bereitwillig und gerne Ts Lüge wiederkäut, ich hätte eine "Anfrage bezüglich Initiation in den Wicca-Kult" gestellt und die sei abgelehnt worden. Wen´s interessiert: Es gab die Überlegung, mir pro forma eine Initiation zu verpassen, damit T, die wenige Monate zuvor in einer recht bizarren Ritualinszenierung ihre Initiation in den zweiten Grad erhalten hatte, so etwas mal üben und der Coven mich dann problemloser zum PEWC mitnehmen könne, um dort mit Leuten zu sprechen und meine Beobachtungen für meinen Wicca-Text zu machen. Als T dann auf den Trichter kam, ich solle mich ihr unterwerfen und damit begann, mir ihre Absurditäten überzustülpen (nämlich Deutungen hinsichtlich meiner Denk- und Sichtweisen, die "intuitiv" und dadurch absolut unhinterfragbar waren = ich sehe es so, also ist es so), da habe ich ihr den ganzen Unfug vor die Füße geworfen und ihr mitgeteilt, dass ich sie in spirituellen und psychologischen Fragen für einen Dillettantin halte und mich nie wieder mit ihr in einen Kreis stellen würde (denn solche Machtspielchen werde ich ganz sicher niemals unterstützen!). Aber das mögen wohl Details sein, die sie eher gerne verschweigt, weil sie nicht so schmeichelhaft sind.

Man kann nur froh sein, wenn man von so etwas wie dem "Steinkreis" nicht in irgendeiner Weise repräsentiert wird, scheint mir...

Donnerstag, 8. Mai 2008

Exzellente Dokus über Buddhismus und Tantra

Arnaud Desjardins - Buddhism

http://youtube.com/watch?v=CZYHN5uBY38&feature=related

http://youtube.com/watch?v=4VH5ou2ZUp8

http://youtube.com/watch?v=-yLpsu2aceE&feature=related

http://youtube.com/watch?v=8fKx37I6wzs&feature=related

http://youtube.com/watch?v=2J9JH0RSBZc&feature=related

http://youtube.com/watch?v=RFODHWPMhNU&feature=related



Arnaud Desjardins - Tantrism

http://youtube.com/watch?v=P3rkTUobum0&feature=related

http://youtube.com/watch?v=Zq0YKHQi_ZE&feature=related

http://youtube.com/watch?v=8GpKLsQsog4&feature=related

http://youtube.com/watch?v=Hl6AmPCQEBA&feature=related

http://youtube.com/watch?v=7M1bn-MglFs&feature=related

http://youtube.com/watch?v=J-kOuHkQErc&feature=related

Die Gegenwart des Todes - persönliche Gedanken über Tod und Trauer

© Oliver Ohanecian

Schlußstück

Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er es zu weinen,
mitten in uns.

(Rainer Maria Rilke)


Einleitung

Die Erfahrung der Trauer ist ein Teil unseres Menschseins. Verschiedene Kulturen, Religionen und psychologische Schulen haben unterschiedliche Theorien und Praktiken entwickelt, wie mit dem Sterben, dem Tod und der Trauer umzugehen sei. Was uns der Tod lehrt ist, dass wir Wesen in der Zeit und somit begrenzt sind. In einer fortwährenden Abfolge von Bewusstseinsmomenten werden wir geboren, reifen, sterben und werden wieder geboren, in jedem Augenblick, mit jedem Atemzug und jedem Herzschlag. So zumindest entspricht es der Sicht des Buddhismus, um die es in diesem Artikel geht. Der grundlegenden Wahrheit unseres endlichen Da-Seins hält die herrschende Spaß- und Konsum-Kultur der Postmoderne gern eine ihr eigene Illusion der Dauer mit Hilfe chirurgischer Eingriffe, revitalisierender Wellnessprogramme und Butoxspritzen entgegen. Tod und Sterben indes werden verdrängt. Dem gegenüber steht die buddhistische Sicht auf das dynamische und wandelbare Wesen der Welt und seine Betonung der Vergänglichkeit individueller Lebenswelten bei gleichzeitigem aktivem Mitgefühl für die Leiden, die dem Wunsch nach Dauer entspringen.

Die Mehrheit der Menschen stirbt heute in spezialisierten Einrichtungen wie Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, zunehmend auch in Hospizen, selten jedoch für Angehörige und Nachbarn sichtbar zu Hause. Wie in vielen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, lässt sich auch im Bereich der Trauerriten und –bräuche ein Traditionsschwund beobachten. Tod, das ist heute vorwiegend ein Medienereignis, etwas, das sich in den Nachrichten und Vorabendserien abspielt. Im wirklichen Leben hingegen führt er durch fehlende Vorbilder und fehlendes Brauchtum zu Irritationen und Unsicherheiten, was im Trauerfall zu tun oder zu sagen sei. Und die Zahl der kirchlichen Betreuungen und Bestattungen sinkt .

Dieses weltanschauliche Vakuum wird zunehmend gefüllt durch eine wachsende Hinwendung zu buddhistischen Anschauungen und Praktiken. Die buddhistische Philosophie mit ihrer Sicht auf unser Dasein, ihren Übungen zur Entwicklung von Mitgefühl, aber auch ihren meditativen Übungen zur Stabilisierung der achtsamen Präsenz oder des Verständnisses des auf intellektuellem Wege so schwer zu verstehenden Begriffes der Leerheit, kann für Trauernde und Sterbende von großem Nutzen sein, wie auch für Menschen, die Trauernden und Sterbenden beistehen.

Wie sich buddhistische Methoden und Sichtweisen in Bezug auf Trauerprozesse nutzen lassen, will ich im Folgenden auf der Grundlage eigener Erfahrungen umreißen. Buddhismus, das ist für mich gelebte und angewandte Spiritualität, das ist die Integration aller Umstände des Lebens in einen großen, umfassenden Sinnzusammenhang.


Vorgeschichten

Ich selbst machte die erste richtige Trauererfahrung im Alter von neun Jahren, als mein Urgroßvater nach langer Krankheit starb. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir der Bedeutung dieses Ereignisses und damit des Todes im Allgemeinen zum ersten Mal voll bewusst. Opa Otto hatte zwei Jahre vor seinem Tod einen schweren Schlaganfall erlitten, was seinen rechten Arm und die rechte Gesichtshälfte lähmte. Er verfiel dann langsam, wurde bettlägerig und starb schließlich. Mit diesem Tod kam mir erstmals der Gedanke, der Tod sei so etwas ähnliches wie die Geburt und unser Dasein hätte zwei Tore. Gewissermaßen einen Ein- und einen Ausgang.

Mit den Jahren folgen weitere Tode: Der Suizid eines ehemaligen Klassenkameraden durch einen Autounfall – Gas geben, Baum, Tod; oder der Suizid von Gabi, einer bildhübschen Tänzerin, im Alter von neunzehn; der langsame Tod meiner Großtante durch einen Hirntumor; der Krebstod meines Freundes Rainer drei Monate vor seinem fünfzigsten Geburtstag – im Mai die Krebsdiagnose im September tot. Sein Sterben hat mich tief berührt, denn der Tod dieses für mich sehr wichtigen Menschen fiel in eine Zeit tiefgreifender Veränderungen. Denke ich daran zurück, dann denke ich Musik von Sergej Rachmaninov: Das „Blagoslovi dushe moya Gospoda“ und das „Nine otpushtshaeshi“ aus Rachmaninovs Ostermesse. Schließlich der Suizid meines Freundes Matthias – er wollte im Mai 2000 heiraten und ich sollte bei seiner neuheidnischen Hochzeitszeremonie den Part des Bestman übernehmen, doch dann hängte er sich plötzlich im März auf.

Durch all diese Tode erlebte ich verschiedene Trauererfahrungen. Die Suizide brachten vor allem eine Trauer, die geprägt war von Aggression, Wut und Hilflosigkeit. Nach Gabis Suizid durch eine Überdosis Tabletten empfand ich eine tiefe Wut auf ihre Eltern und ihre ältere Schwester, die ich eigentlich nicht persönlich kannte. Und nachdem sich Matthias ohne Vorwarnung, ohne Abschiedsbrief und offensichtlich ganz spontan aus einem Impuls heraus erhängt hatte, richtete sich meine Wut gegen die Frau, die seine Frau hätte werden sollen und die ich bis zu einem gewissen Grade verantwortlich machte. Und für einige Zeit sah ich ihn immer wieder vor mir, vorzugsweise wenn ich Türen öffnete. Zweifellos ein wichtiges Symbol. Ich öffnete also z.B. abends meine Zimmertür und hatte plötzlich sehr klar und deutlich das Gesicht von Matthias vor Augen: blau, verquollen, verzerrt durch den Todeskampf, den er durchlitten hatte.

Die langsameren Krebstode dagegen waren vor allem geprägt durch Gefühle der Ohnmacht und des sich nähernden Verlustes, der Hilflosigkeit, einem Menschen, der mir nahe steht, nicht helfen und ihn vor Leiden bewahren zu können, aber auch des Abschiedes und letztlich des Friedens.

Meine intensivste Trauererfahrung jedoch durchlebte ich nicht durch einen Tod, sondern durch die Geburt meines Sohnes Avid, durch die Gegenwart des Todes und die Möglichkeit des Verlustes. Avid wurde in der fünfundzwanzigsten Schwangerschaftswoche aufgrund einer schweren Infektion durch einen Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Dies überstand er überraschend gut, doch ein knappes halbes Jahr nach seiner Geburt wurde – im Übrigen unabhängig von den Umständen seiner Geburt - eine Hämangiomatose der Leber diagnostiziert, d.h. im Gewebe seiner Leber befanden sich zehn jener an sich gutartigen Tumore, die als „Blutschwämmchen“ bekannt sind. Ob mein Sohn diese Erkrankung überleben würde, galt nach Expertenmeinung zunächst als ungewiss.


Die Gegenwart des Todes

Indem wir leben, ist uns der Tod gewiss. Unser Leben ist ein Dasein hin zum Tod. Das wusste ich immer, seit ich wusste, was der Tod ist - intellektuell zumindest. Doch der Intellekt allein scheint nicht ausreichend, denn all unser Denken gleicht auch einem Schlangengewimmel, das uns in giftige Illusionen und romantische Traumwelten entführen kann. Wir glauben etwas zu wissen, doch in Wahrheit fantasieren wir nur und erklären uns die Dinge so, wie sie unseren Wünschen oder Befürchtungen am passendsten oder trostreichsten erscheinen. Wir sind gar sosehr in Fantasien darüber, wer wir sind und was die Welt sei, verstrickt, dass die Vielzahl unserer Ängste, Wünsche, positiven und negativen Emotionen aus all diesem Denken und Bewerten überhaupt hervorgeht und uns in einer Art Rückkoppelung dann wiederum in unseren Sichtweisen bestärkt. So sind wir Gefangene einer Vielzahl von Konzepten, die einzig in unserem Geist bestehen, und unser vermeintliches Wissen ist eine trennende Un-Kenntnis. Dies sind nach buddhistischer Auffassung die Grundzüge eines Prozesses, der als Samsara bezeichnet wird.

Samsara, das ist die illusionäre Welt des Leidens. Anders, als dies im Westen heutzutage üblich und weit verbreitet ist, gelten nach buddhistischer Auffassung Geist und Emotion oder Kopf und Bauch nicht als getrennte oder sogar gegensätzliche Bereiche, sondern als Aspekte des Geistes, die aufs Engste miteinander verknüpft sind und einander hervorbringen. Der Begriff „Geist“ wird in diesem Zusammenhang in zwei Aspekte unterteilt: Diskursiver Geist oder auch „Geist in Bewegung“ und „Geist an sich“. Andere Bezeichnungen für „Geist an sich“ sind „Natur des Geistes“ oder auch „klares Licht“. Der Geist, der als Ort der „Geistesgifte“ genannt wird, ist der „Geist in Bewegung“, d.h. der Bereich des diskursiven Denkens und der damit verbundenen ichbezogenen Wahrnehmung. Dies ist die gedankliche Tätigkeit, mit der die wahrgenommenen Erscheinungen gegenübergestellt, verglichen, gebilligt, verworfen und klassifiziert werden. Mit diesen Mitteln wird eine virtuelle Welt der Grenzziehungen errichtet. Unentwegt werden hierbei Grenzen zwischen Individuen, zwischen diesen und jenen Religionen oder sonstigen Weltanschauungen, diesem und jenem Volk etc. gezogen. Innerhalb dieser Begrenzungen wird dann von den Individuen die Festlegung eines Standpunktes eingefordert oder vom wahrnehmenden Individuum Zuordnungen vorgenommen.

Traditionell werden als Grundlage dieses Prozesses, aus dem die samsarischen Lebenswelten hervorgehen, die so genannten drei Wurzelgifte beschrieben: Gier/Anhaftung, Hass/ Ablehnung und Verblendung/Ignoranz. Die Gifte erzeugen sich innerhalb des diskursiven Geistes immerfort gegenseitig. Ignoranz bedeutet, dass unser Blick verschlossen ist für die offene, dynamische Natur der Existenz, in der alle Erscheinungen und Daseinsfaktoren ausschließlich in gegenseitiger Abhängigkeit existieren. Unabhängig und eigenständig existierende, also geschlossene Systeme im Sinne eines „Selbst“ gibt es nicht. Doch eben diese Annahme eines Selbst gilt als wichtigste Grundvoraussetzung der leidhaften Illusion, Samsara. Aus dem Glauben an ein eigenständig existierendes Selbst geht die Anhaftung hervor, d.h. der Wunsch, solche Dinge zu berühren und zu besitzen, die das dualistisch wertende Bewusstsein als begehrenswert betrachtet. Und aus dem Glauben an ein Selbst geht gleichermaßen auch die Abneigung gegen all das, was Unlust erzeugt und von Objekten der Anhaftung trennt, hervor. Anhaftung und Abneigung wiederum bestärken in ihrem Zusammenwirken die Ignoranz.

Hier nun gilt es noch einen weiteren, recht bekannten, doch oft falsch verstandenen Begriff zu erläutern, nämlich den Terminus Karma. Dieses aus dem Sanskrit stammende Wort bedeutet wörtlich „Tat“. Der Terminus bezeichnet im buddhistischen Kontext eine Art Impuls, der aus dem handelnden Zusammenspiel der drei Daseinsebenen Körper, Energie (Rede) und Geist eines in der dualistischen Illusion gefangenen Individuums hervorgeht. Im Bewusstseinskontinuum bleibt dieser Impuls wie ein Samenkorn bewahrt und gelangt schließlich zu einem ihm entsprechenden Zeitpunkt unter dem Einfluss passender sekundärer Ursachen als Ereignis zur Reife. Die Gesamtheit der individuellen Lebens- und Erlebenswelten ist das Resultat von Karma und alles Handeln, das auf der dualistischen Illusion fußt, ist die Ursache weiteren Karmas. Karma wird verglichen mit dem Wind. Es ist ein Wind, der die Daseinsfaktoren zu neuen Lebenswelten, Ereignissen, Wahrnehmungen und Individuen zusammenfügt. So ist der Mensch, der jetzt da ist, das Produkt aller vorangegangenen Taten. Er ist damit jedoch nicht in fatalistischer Weise einem Schicksal ausgeliefert, sondern kann in den Strom des Karmas ändernd eingreifen. Karma ließe sich auch definieren als die Summe der bewussten und unbewussten Denk- und Handlungsgewohntheiten, die spezifisch gefärbte Wirklichkeiten hervorbringen. Ein adäquates Bild hierfür wäre vielleicht ein Zug: Auf den Schienen seiner Denk- und Handlungsgewohnheiten gelangt der Zug des Bewusstseins in immer neue Erlebnislandschaften, während durch den Zustand der dualistischen Un-Kenntnis verborgen bleibt, dass Zug, Schienen und Landschaft eine untrennbare Einheit bilden. Ändert sich das Denken und Handeln, so ändert sich allmählich auch die erlebte Wirklichkeit.

Auf den ersten Blick ist das philosophische Konzept Karma sicherlich nicht ganz einfach zu verstehen, es lässt sich jedoch auch vereinfacht umreißen als ein Handeln, das aus dem Zusammenspiel der Geistesgifte, bzw. aus einem durch die Geistesgifte konditionierten Bewusstsein entspringt und seinerseits einen nachhaltigen Einfluss auf die durch dieses Bewusstsein erlebte Lebenswelt auswirkt. Innerhalb der buddhistischen Philosophie ist das Karma von so grundlegender Bedeutung, dass der Dalai Lama es als zentrale Erkenntniskategorie dessen sieht, was im Buddhismus als „Empfindungsvermögen“ bezeichnet wird, und er definiert es als „die Verbindung von Energie und Bewusstsein“.

Der dritte unabdingbare buddhistische Terminus ist Bodhicitta. Die wörtliche Bedeutung des Sanskritwortes Bodhicitta ist „Erleuchtungsgeist“. Im Wesentlichen bezeichnet dieser Begriff eine Form der Introspektion: Gezielt wird der Geist darin geschult, sich nach Innen zu wenden und sich über die eigenen Absichten und Motivationen klar zu werden. Werden schlechte Gedanken entdeckt, d.h. solche, die von selbstsüchtigen Motiven geprägt sind, so werden sie enthüllt, als Ursachen negativer Handlungen erkannt und aufgelöst. Man erkennt, dass derartige Gedanken die Ursache negativer Handlungen werden können, und man lässt zu, dass sie sich in ihre Dimension auflösen. An ihrer Stelle werden gute Gedanken hervorgebracht, die dem Grundsatz der Selbstlosigkeit entsprechen. Bodhicitta ist die Essenz von Mitgefühl, das ist der Wunsch, für alle Wesen von Nutzen zu sein. Bodhicitta zu kultivieren bedeutet, allen Handlungen und allem Denken diesen Wunsch zugrunde zu legen.

Es werden zwei Arten von Bodhicitta unterschieden, nämlich Bodhicitta der Absicht und Bodhicitta der Anwendung. Das Bodhicitta der Absicht ist mit der Meditation über die Vier Unermesslichen verknüpft: Unermessliche liebende Güte, unermessliches Mitgefühl, unermessliche mitfühlende Freude und unermessliche Unparteilichkeit. Das Bodhicitta der Anwendung besteht darin, das eigene Verhalten in der schrittweisen Übung der sechs Paramitas oder Vollkommenheiten zu schulen. Die Paramitas sind Großzügigkeit, Ethik, Geduld, freudige Anstrengung, meditative Stabilität und unterscheidende Weisheit.


Die libidinöse Besetzung im samsarischen Gaukelspiel

Meine tiefste Trauer betraf ein Ereignis, das einer der glücklichsten Momente meines Lebens hätte werden sollen. Avid ist ein wirkliches Wunschkind. Viele Paare wünschen sich jahrelang ein Kind und es klappt nicht. Viele Paare sind unfruchtbar. Viele Männer haben zu wenig gesunde Spermien. Solche und ähnliche Gedanken gingen uns durch den Kopf und wir sprachen von einem Gottesurteil. Das Urteil war schnell gefällt und es lautete, dass wir uns nicht lange vergeblich zu bemühen hätten.

Irgendwann im Frühsommer sitzen wir Apfelschorle trinkend in der Sonne, als Esther der Gedanke kommt, was wohl wäre, würde unser Kind behindert geboren. Mir scheint die Antwort so klar: Wir sind als Eltern das Tor, durch das ein empfindendes Wesen in die Welt tritt. Ob das Kind in eine schöne Welt tritt und ob es die Kraft besitzt, die Hindernisse auf seinem Lebensweg zu überwinden, liegt auch bis zu einem gewissen Grade in unserer Verantwortung. Alles ist Karma, auch eine mögliche Behinderung. Unsere Aufgabe ist es, unter allen Umständen aus ganzem Herzen das Beste für unser Kind zu tun, es auf seinen Weg zu führen und ihm möglichst viel positive Kraft mitzugeben. Dies stellt auch eine tiefgründige spirituelle Praxis dar. Gute Eltern werden wir dann, wenn wir aufrichtig und kompromisslos die Vier Unermesslichen und die sechs Paramitas üben. Im Übrigen vertrete ich die Ansicht, dass wir nicht zu sehr über so etwas ins Grübeln geraten sollten. Keine Hoffnung, keine Furcht, denn zur rechten Zeit gelangt alles in vollkommener Weise zur Reife und wir haben eine Möglichkeit, uns weiter zu entwickeln.

Wir verbringen einen schönen Sommer, reisen nach Kanada, bereiten vor, träumen von unseren bevorstehenden Aufgaben und all der Schönheit, die da auf uns zukommt. Wir ergehen uns auch nicht in übertriebenen Hoffnungen und Ängsten, sondern denken vor allem daran, wie wir dem Kind von Anfang an Geborgenheit und Wärme vermitteln können, beschäftigen uns mit Kindererziehung, informieren uns über die Entwicklungsschritte bis zum fünften Lebensjahr, die optimale Ernährung und denken über Hechelkurse nach. Wir haben es dabei auch nicht übertrieben eilig, denn der errechnete Termin ist der 22. Dezember und bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit. Da wir beide einige Wochen zu früh zur Welt gekommen sind, denke ich daran, dass Avid ja vielleicht Anfang oder Mitte Dezember kommen würde. Dann wäre er ein Schütze, so wie ich, und alles wäre perfekt.

Trauer gilt als eine Reaktion auf einen Verlust. Insbesondere betrifft dies den Verlust eines geliebten Menschen durch dessen Tod. In seiner Schrift „Trauer und Melancholie“ definiert Sigmund Freud 1916 :

„Trauer ist regelmäßig die Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person oder einer an ihre Stelle gerückten Abstraktion wie Vaterland, Freiheit, ein Ideal usw.“

Freud zufolge werden die psychischen Energien des Trauernden vollkommen durch die Beschäftigung mit dem oder der Verstorbenen absorbiert. Er erklärt dieses als Präokkupation bezeichnete Phänomen durch sein Konzept der Libidinösen Besetzung. Dieses Konzept besagt, dass Menschen durch Liebe oder Bindung ihre Libido - bei Freud die reine Triebenergie, in der späteren Psychoanalyse allgemeiner als psychische Energie beschrieben - auf andere Menschen oder deren psychischen Repräsentanzen wie Bilder oder Vorstellungen richten. Die libidinöse Bindung endet nicht mit dem Tod, sondern muss in einem langwierigen und schmerzhaften Prozess, von Freud als Trauerarbeit bezeichnet, vom Objekt abgelöst werden.

Der tiefenpsychologische Ansatz erscheint mir als sinnvolle Ergänzung zum buddhistischen Konzept der Drei Gifte. Ignoranz ist ein mangelndes Gewahrsein für die Konditionierung durch allzu starre Vorstellungen über Ereignisverläufe, im Falle von Esther und mir etwa die sichere Grundannahme eines „normalen“ Schwangerschaftsverlaufes und Geburtsprozesses. Aus dieser Grundannahme resultierten weitere idealisierte und als angenehm empfundene, emotional aufgeladene Szenen und Bilder – die libidinöse Besetzung der inneren Repräsentanzen nach Freud, im Buddhismus die Anhaftung.


Die Welt ist Wandlung

Eine der finstersten, doch auch lehrreichsten Zeiten meines Lebens beginnt an einem strahlenden, warmen Septemberwochenende im Jahre 2003. An diesem Sonntag, dem 14., ist der Himmel sehr klar und völlig wolkenlos, in Bodennähe ist es leicht diesig. Etwa um zehn Uhr erhalte ich einen Anruf aus dem Krankenhaus: Ich soll sofort kommen, mein Kind muss jetzt geholt werden. Ich gehe mit einem starrenden Blick durch die Wohnung. Die ganze Welt ist mir plötzlich wie ein Kino und ich stehe mittendrin und glotzte auf meinen Lebensfilm, inwendig völlig hohl und dumpf, ohne den Hauch einer Emotion. Ein irgendwie ungläubiges Empfinden bestenfalls, ganz unterschwellig. Dieses Gefühl, das sich dann einstellt, wenn man im Traum anfängt zu merken, dass man träumt.

Ich soll an diesem Mittag arbeiten. So greife ich also zum Telefon und rufe eine Kollegin an, um meine Schicht zu tauschen. Als ich ihre Stimme höre, kehre ich mit einem Mal in die Wirklichkeit zurück. Zu dieser Wirklichkeit mit ihren Notwendigkeiten gehört auch die Gegenwart einiger Möglichkeiten, die meine Welt erschüttern: Meine Frau oder unser Kind oder beide könnten jetzt sterben. Oder unser Sohn könnte durch seine frühe Geburt schwerste Schädigungen erleiden.

Ich entschuldige mich für die Störung und bitte Patricia, kurzfristig meine Schicht zu übernehmen, da ich ins Krankenhaus muss. In diesem Moment bricht mir die Stimme und als mich Patty mit ihrem warmen spanischen Akzent in einem mitfühlenden und besorgten Ton fragt, was passiert sei, werde ich von einem emotionalen Tsunami überrollt. Nicht länger fähig zu reden flüstere ich nach einer Pause nur, dass ich mich später melden werde. Als ich mich wieder gefasst habe rufe ich Insa an, eine andere gute Freundin, und bitte sie, mich ins Krankenhaus zu fahren. Auf dem Weg dorthin redet sie in ihrer eigenen Hilflosigkeit hohle Phrasen des Trostes, die mich allerdings nicht erreichen.

Alles ist so surreal. Nach einem Blasensprung in der fünfundzwanzigsten Schwangerschaftswoche, durch den in kleinen Mengen das Fruchtwasser verschwand, liegt Esther nun seit einigen Tagen mit einer schweren Infektion in der Frauenklinik. Tags zuvor hatte ich bei ihr gesessen, als sie gegen Abend beinahe gestorben wäre, denn der junge Arzt erkannte spät, fast zu spät, dass die Beschwerden seiner Patientin nicht etwa Hypochondrie, sondern das Resultat einer Lungenembolie waren. Als sich dann kurze Zeit später ein aufgeregtes Ärzteteam in einem anderen Raum um sie bemühte, wurde ganz beiläufig schließlich sogar noch ein kleiner Herzfehler entdeckt, eher unbedenklich in guten Zeiten, in dieser Situation jedoch bedrohlich. Inmitten der Maschinen, Schläuche und Ärzte und des Tumultes aus Stimmen, elektronischem Piepen und Herztönen des Kindes lag Esther, ganz ruhig und gefasst, bereit zu sterben, wenn es denn soweit sein sollte. Ihr wunderschönes Gesicht war wie gemalt, vollkommen entspannt schien sie vorwärts zu blicken, als stünde sie am Beginn einer Reise. Sie sah aus, als sei sie bereit, das Unvermeidliche zu akzeptieren und alles hinter sich zu lassen. Ich wurde schließlich von Esther fortgedrängt, von den Ärzten und Krankenschwestern aus dem kleinen Raum geschoben und in einem Krankenhausflur zurückgelassen, der sich, kaum beleuchtet, in Dunkelheit verlor.

Irgendwann am späten Abend, so gegen zehn vielleicht, kam ein Arzt zu mir und forderte mich auf, zu gehen. Ich solle etwas essen und schlafen. Man würde mich dann anrufen. Dann.

Im Kreißsaal dann halte ich Esthers Gesicht, während sich vor meinen Füßen eine Lache aus ihrem Blut bildet. Dann ein erstaunlich lautes Stimmchen. Der Chefarzt beglückwünscht mich und führt mich zu einem Frotteetuch, aus dem ein winziges Gesichtchen herausschreit, vielleicht so groß wie eine Nektarine. Die Schreie werden immer kurz unterbrochen, wenn dem kleinen Wesen neue Luft in die Lungen gepumpt wird. Für Momente öffnen sich die vollkommen dunklen Augen. Dann wird das Bündel fort getragen.

Esther und Avid werden mit Antibiotika behandelt und die so bedrohliche Infektion ist bemerkenswert schnell besiegt. Drei Tage nach seiner Geburt sitzen wir auf der Kinderintensivstation am Inkubator und betrachten dieses winzige Kind, das durch das anstrengende Atmen auch noch Gewicht verloren hat und nur zarte 700 Gramm wiegt – mal gerade etwas mehr als ein Päckchen Zucker -, als uns eine Schwester mitteilt, dass sie Esther unser Kind jetzt einmal auf die Brust legen könne. Dort liegt es dann und wimmert mit einem sehr feinen und klaren Stimmchen, das Gesichtchen und die winzige linke Hand, gerade so groß wie die Spitze meines Zeigefingers, schauen aus Esthers Bademantel, während uns diese Begegnung mit unserem Kind zutiefst erschüttert und wir um Avid und die Umstände seiner Geburt weinen.

Meine persönliche Trauer resultierte aus einer sehr plötzlichen Zerstörung der besten Wünsche, die ich für mein Kind hatte. Über Monate hinweg war ich ganz einfach von einer „normalen“ Geburt ausgegangen. Meine Tagträume hatten das Bild eines drallen Babys gezeichnet, das kurz nach seiner Geburt an Esthers Brust gelegt wird und glücklich trinkt. Ich hatte über Monate die psychischen Repräsentanzen meines Kindes mit psychischer Energie gefüllt. Statt dessen war mein Kind kaum größer als meine Hand, musste über eine Magensonde ernährt werden, da es noch nicht fähig war zu trinken: Zu Beginn alle zwei Stunden zwei Milliliter. Sobald Esthers Behandlung mit dem Antibiotikum beendet war, kämpfte sie viermal täglich über den Tag und die Nacht verteilt darum, mittels einer Pumpe so viel Milch wie möglich aus ihrer Brust zu holen und war verzweifelt dabei, denn es schien immer zu wenig zu sein, obwohl es doch reichte. Und immer wieder setzte die Atmung des Kleinen einfach aus, er wurde dadurch erst grau, dann blau und musste schnell geweckt und an das Atmen erinnert werden, weil es im Grunde dazu noch viel zu früh war. Und er hatte Herzrhythmusstörungen. Seine Gesundheit und sein Leben hingen an einem seidenen Faden.

Für all die glücklichen Bilder gibt es keine Garantie, sie sind nur Teil unserer Phantasien. Die Welt ist ein dynamischer Prozess und die Ereignisse können jederzeit gänzlich unerwartete Wendungen nehmen. Und bei allem ist der Tod unser Begleiter. Wir wissen nicht, wann er uns ereilt. Was also lässt uns mit solcher Sicherheit glauben, wir würden den nächsten Morgen sehen? Ignoranz, sagt der Buddhismus. Treffen wir aber auf die wirkliche Welt, dann werden unsere Konstruktionen erschüttert und brechen zusammen. Unser Leben ist eben so: Nichts, gar nichts hat Dauer. Vom Buddha ist folgender Ausspruch überliefert :

„Unser ganzes Dasein ist flüchtig
wie Wolken im Herbst;
Geburt und Tod der Wesen
erscheinen wie Bewegungen im Tanz.
Ein Leben gleicht dem Blitz am Himmel,
es rauscht vorbei
wie ein Sturzbach den Berg hinab.“

Den buddhistischen Lehren zufolge lassen sich über den Tod zwei sichere Aussagen machen: 1. Es ist sicher, dass wir sterben werden und 2. es ist unsicher, wann oder wie wir sterben werden. Aus diesem Grund gilt die Meditation über den Tod als eine der höchsten. Die Achtsamkeit auf die Vergänglichkeit und den Tod hilft dabei, dem Dasein Sinn und Nutzen zu verleihen. Es hilft außerdem bei der Entwicklung wichtiger Qualitäten, wie etwa der Fähigkeit zu liebevoller Zuwendung, dem Mitgefühl oder der Mitfreude.

In meinem Fall war meine Lebenswelt erschüttert worden. Dies führte dazu, dass allzu starre Vorstellungen zerbrachen. An ihre Stelle traten nun neue Erfahrungsqualitäten, die sehr viel unmittelbarer waren. Ungefähr eine Woche nach Avids Geburt, etwa zwei Tage, nachdem er zum ersten Mal auf Esthers Brust gelegen hatte, stellte ich eine wichtige Veränderung an mir fest. Ich fuhr für zwei Tage zu einer buddhistischen Veranstaltung in der Nähe von Düsseldorf. Unterwegs musste ich auf irgendeinem Bahnhof in einen anderen Zug umsteigen. Auf dem Weg zum anderen Gleis standen verschiedene Menschen an ungünstigen Stellen des Bahnhofes unachtsam im Weg herum und versperrten den Durchgang. Üblicherweise war dies stets etwas, worüber ich mich sehr ärgern konnte. Ich bin im Grunde ein ungeduldiger Mensch und solche Situationen brachten kübelweise Negativität gegenüber diesen fremden Menschen in mein Bewusstsein. Jetzt aber hatte sich das geändert. In einem Augenblick sah ich all diese Menschen als mein Kind. Ich hatte ein Verständnis für ihre Verletzlichkeit, ihre Vergänglichkeit, für ihre Ängste und Schwächen. Und ich hatte Geduld.

Ist die Konstruktion einer ganzen Welt zusammengebrochen, dann kann man sehr darunter leiden oder man kann wertvolle Erkenntnisse gewinnen. In unserem Falle bahnt sich nach der ersten Erschütterung eine zweite in Form mehrerer kleiner und eines großen Hämangioms – so genannte Blutschwämmchen - an, die auf unserem Baby wachsen. Vollkommen unbedenklich, wird uns erklärt, die verschwinden innerhalb der ersten zwei Lebensjahre von ganz allein.

Mitte Januar träume ich dann, dass der Kleine stirbt. Zwei Alpträume in der gleichen Nacht, jedes mal erwache ich schweißnass. Derart beunruhigt bestehe ich darauf, dass Avid noch einmal untersucht wird. Bei der Ultraschalluntersuchung werden zehn dieser Tumore in seiner Leber entdeckt. Der Experte des Uniklinikums teilt uns auf der onkologischen Station mit, wie er die Erkrankung mit ungeheuer hoch dosiertem Cortison behandeln will. Ob es Avid retten wird, kann er uns nicht sagen. Vielleicht haben wir Glück und die Erkrankung wurde rechtzeitig entdeckt. In fünfzehn Jahren am Uniklinikum hätte er fünf derartige Fälle gehabt. Drei der Kinder seien gestorben.

Nach dieser Untersuchung muss ich zur Arbeit zurück. Esther fährt mich hin. Wir schweigen. Als ich aussteige, sehe ich sie an. Ihr Gesicht ist blass und wie versteinert, die Augen glasig. Der Kleine schläft. Ich habe ein Gefühl, als würde ich in der Mitte meiner Brust auseinander gerissen: Zu sehen, wie sehr Esther leidet, und zu wissen, was diesem zarten, hübschen Baby noch bevor steht, nachdem es doch bereits so viel hinter sich hat. Ich möchte mir den Brustkorb öffnen, um meine Frau und mein Kind auf mein Herz zu legen.

Emotionen waren früher eine Gefahr für mich. Ich fühlte mich ihnen ausgeliefert. Immer drohten sie mich zu zerreißen oder wie ein Sturm fort zu tragen. Unter buddhistischem Einfluss hat sich das durch eine Änderung der Sichtweise darauf, was Emotionen sind, geändert. Zunächst einmal erscheinen Emotionen dort als etwas Negatives – negativ in dem von mir gefürchteten Sinne. Sie gelten als Teil des diskursiven Geistes: Indem wir der Welt und uns selbst unsere Konzepte überstülpen, bringen wir die Emotionen hervor, die sich ihrerseits an den Konzepten orientieren, sie bestärken und neue Emotionen erzeugen.

Ein Beispiel für die Konditionierung durch Konzepte und Gedanken aus dem täglichen Leben: Die Made. Als kleines Kind liebte ich im Sommer die Himbeeren im Garten meiner Großtante. Ich pflückte sie vom Strauch, öffnete sie, nahm in vielen Fällen vorsichtig eine kleine weiße Made heraus und aß dann die Frucht. Mit der Made verband ich kein spezifisches Gefühl, außer, dass sie mir zart und hilflos erschien, weshalb ich ihr nicht wehtun wollte. Im Lauf der Jahre erlernte ich, dass Maden nicht gesellschaftsfähig sind. Ihnen haftet ein Makel an und sie gelten bisweilen als so ekelhaft, dass sie in vielen Menschen eine tiefe Abneigung verursachen. Irgendwann stellte ich dann fest, dass Maden auch mir Ekel verursachten und ich Himbeeren nicht mehr essen mochte, wenn sie einem solchen Würmchen einmal als Wohnsitz gedient hatten. Es waren die gleichen Maden und die gleichen Himbeeren, wie in meiner Kindheit, aber ich war durch erlernte Wertungen verändert, durch angeeignete Konzepte konditioniert, dafür im Besitz neuer Emotionen, die sich auf mein Handeln auswirkten. Was aber sind Emotionen ohne die Konzepte, die ihnen ihre spezifische Färbung verleihen? Energie, die wir nutzen können. Mir gelang es so, meine Trauer zu überwinden und für mein Kind da zu sein und diverse Probleme zu meistern. An die Stelle einer erschreckten Lähmung tritt die Fähigkeit, zu handeln.



Vom Zentrum des Universums und der Energie

Indem ich nicht länger bin, bin ich alles. Dieser Satz begleitet mich seit vielen Jahren und erscheint mir als eine Essenz des Buddhismus. Ich habe ihn immer als hilfreich und heilsam empfunden: Indem ich all die Vorstellungen und Denkgebilde auflöse, die mich so sehr im Griff haben, kann mein Geist eine heilsame Offenheit und kreative Präsenz entfalten, die alles zu integrieren vermag. Wird der Glaube an ein in sich abgeschlossenes Selbst beendet, so wird Anhaftung und Abneigung die Grundlage entzogen. Als eine der wichtigsten Eigenschaften eines offenen Geistes gilt die Fähigkeit zum Mitgefühl. Damit sind hierbei keineswegs sentimentale Gefühlswallungen gemeint, sondern eine so große Offenheit, dass die Zustände anderer Wesen ungehindert und ungekünstelt nachvollzogen und mitgefühlt werden können – ein tiefes Verstehen, das sich nicht auf den Intellekt beschränkt.

Bewusstsein ist im buddhistischen Verständnis gleichbedeutend mit dem Himmelsraum. Der diskursive Geist, die aus ihm hervorgehenden Gedanken und Emotionen, sowie alle Erscheinungen der von uns erlebten Welt werden mit Wolken verglichen, die am Himmel entstehen und vergehen: Die Welt ist ein Tanz energetischer Erscheinungen, die in stetem Wandel begriffen sind. Das Individuum verlässt damit die begrenzte Position eines getrennten und vereinzelten Selbst und erlangt einen sehr viel bedeutenderen Stellenwert: Es wird das Zentrum des von ihm erlebten Universums. Dies verschafft eine grundlegende Stabilität, die es ermöglicht, lähmende, beengende Zustände, Depressionen und Trauer zu erkennen und in frische Energie umzuwandeln.



Meditationen

Die buddhistische Philosophie fußt auf der meditativen Praxis. Philosophie ohne die dazugehörende Erfahrung durch Praxis ist nicht viel mehr, als Gerede. Alle buddhistischen Schulen heben die wichtige Bedeutung der persönlichen Erfahrung durch die Praxis hervor.
Im Folgenden umreiße ich einige Methoden der allgemeinen buddhistischen Meditation, die mir selbst in schwierigen Situationen zu Stabilität und Klarheit verholfen haben. Aufgrund meiner eignen Erfahrungen halte ich sie für Trauer- und Sterbebegleiter, wie auch für Trauernde und Sterbende für hilfreich. Die Begleiter mögen sie in ihrer schwierigen Aufgabe unterstützen und ihnen zu mehr Kraft und Offenheit verhelfen. Die Trauernden können derlei Methoden und Kontemplationen in der Trauerarbeit unterstützen. Den Sterbenden schließlich vermögen sie spirituelle Unterstützung und Zuversicht zu vermitteln.

1. Konzentrative Meditation
1.1 Grundlagen
Die Praxis der konzentrativen Meditation (tib. Shine, skt. Shamata) bildet die Grundlage aller meditatitven Praktiken. Wichtig ist es hierbei, eine stabile Sitzhaltung einzunehmen, bei der der Rücken gerade ist. Blick wird hierbei leicht gesenkt, so dass man auf einen imaginären Punkt vier Fingerbreit vor der Nasenspitze blickt. Die Lippen berühren sich leicht, zwischen den Zähnen bleibt ein Spalt und die Zunge berührt den Gaumen.

Nun wird der Geist beobachtet, wobei man der Vergangenheit nicht nachhängt und nicht in die Zukunft vorauseilt. Das Vergangene ist vorbei und das Zukünftige nicht da. Einzig das nichtbegriffliche Gegenwartsbewusstsein ist von Belang. Gedanken, die auftauchen, folgt man nicht und man versucht auch nicht, sie zu verdrängen. Einzig ihr Entstehen und Vergehen wird beobachtet. Das Absinken in tranceartige Zustände ist ein Fehler. Geübt wird eine klare, nicht abgelenkte Präsenz. Man beginnt mit kurzen Übungssequenzen von etwa drei Minuten, die langsam in Schritten von jeweils einer Minute gesteigert werden können.

1.2 Konzentration auf ein äußeres Objekt
Hierbei findet ein beliebiges Objekt, etwa ein Berg, ein Kieselstein, eine Blume o.ä. Verwendung. Man nimmt die stabile Haltung ein und richtet nun den Geist unzerstreut und entspannt auf das Objekt, das hierbei lediglich als Erinnerungsstütze, um die Geistesgegenwart nicht zu vergessen. Über das Objekt selbst gibt es nichts zu meditieren. Es ist wichtig, entspannt, einsgerichtet und gelöst bei dem Hilfsobjekt zu verweilen, ohne von anderen Objekten abgelenkt zu werden. Ist man zu verkrampft, vermehrt sich die gedankliche Aktivität .

Wird das Objekt nach einer Weile unstetig oder unsichtbar oder kommt es zu unwillkürlichen Augenbewegungen, dann wird die Sitzung beendet, indem man einfach geradeaus in den Raum blickt, ohne sich noch weiter um das Objekt zu kümmern, und den Geist in sich selbst entspannen lässt. Die Geistesgegenwart wird beibehalten.

1.3 Konzentration auf den Atem
Nachdem die stabile Position eingenommen wurde, konzentriert man sich auf den Atem, indem man den Geist auf die Empfindung richtet, die im vorderen Teil der Nasenlöcher bei den Atemzügen entsteht. Der Atem ist tief , entspannt und ungekünstelt. Nun beginnt man zu zählen, einmal einatmen und einmal ausatmen entspricht einem ganzen Atemzug, der gezählt wird. Man zählt bis einundzwanzig und beginnt dann wieder bei eins. Vergisst man, bis wo man gerade gezählt hat, dann beginnt man auch wieder bei eins. Diese Übung ist hervorragend zur Beruhigung geeignet.

1.4 Konzentration auf ein inneres Objekt
In der stabilen Position visualisiert man den eigenen Körper als hell und durchsichtig. In der Körpermitte, bzw. im Herzen befindet sich ein strahlender Lichtpunkt von der Größe einer Erbse. Nun löst man zunächst die gesamte Umgebung in Licht auf, so dass man sich im unbegrenzten Raum befindet, der einem wolkenlosen Himmel gleicht. Schließlich löst man auch den eigenen Körper in Licht auf, lässt aber den Geist auf dem leuchtenden Punkt ruhen und behält die klare Geistesgegenwart bei.

2. Die vier Unermesslichen
- Unermessliche Unparteilichkeit: Man vergegenwärtigt sich, dass alle Wesen gleichermaßen Glück suchen und leidhafte Zustände vermeiden wollen. Es gibt keine Unterschiede darin, sie sind alle gleich.

Eine andere Vergegenwärtigung besteht darin, Feinde als Lehrer zu begreifen. Das Schlechte, das sie einem antun, ist ein Werkzeug, um die Fähigkeiten zu tieferer Einsicht zu entwickeln. Ungerechte Anschuldigungen dienen dazu, sich selbst in positivem Verhalten zu üben. Die Feinde und Hindernisbereiter sind daher Meister, die das Gebäude der Anhaftungen zum Einsturz bringen.

- Unermessliche liebende Güte: Man erinnert sich ganz bildlich an die Liebe eines Menschen, durch die man sehr berührt wurde. Dabei lässt man das Gefühl der Liebe ganz intensiv im Herzen aufsteigen und ganz natürlich zu dem Menschen, der es hervorgerufen hat, zurückfließen. Ist diese Vergegenwärtigung des Gefühls der Liebe stabil, dann kann es ausgeweitet werden auf alle Wesen. Zunächst auf Freunde und Verwandte, dann auf Nachbarn und Fremde, schließlich auf die, mit denen man Schwierigkeiten hat oder die man nicht mag, dann auf „Feinde“ und zu guter letzt auf das ganze Universum.

- Unermessliches Mitgefühl: Man denkt an ein leidendes Wesen, etwa an einen Kriminellen, der auf seine Hinrichtung wartet, oder an ein Tier beim Metzger, das geschlachtet werden soll. Dann identifiziert man sich damit und denkt: „Was soll ich nur tun? Ich habe keinen Ort, an den ich flüchten oder wo ich mich verstecken könnte, ich bin ohne Zuflucht und ohne Retter!“ So übernimmt man das Leiden, bis man Angst verspürt. Nun setzt man dieses Wesen gleich mit dem eigenen Vater oder der eigenen Mutter und denkt: „Meine Mutter oder mein Vater befindet sich in einer sehr leidvollen Situation, in der sie/er das Leben verlieren wird, obwohl sie/er gar nichts Böses getan hat. Wie sehr sie/er leidet! Was würde ich nur alles tun, um sie/ihn von all dem Leid zu befreien!“

Indem man so übt, entsteht ein so starkes Mitgefühl, dass es schwer wird, es zu ertragen. An dem entspannt man sich in einen Zustand jenseits aller Konzepte und richtet den Blick in den offenen Raum.

Dann übt man mit denen, die man als Feinde empfindet. Auch die werden mit den eigenen Eltern gleichgesetzt. Schließlich dehnt man diese Kontemplation auf immer mehr Wesen aus. Dann denkt man, dass man sich nichts sehnlicher wünscht, als all diese Wesen von ihren Leiden zu befreien.

Danach entspannt man sich in klare, gleichmütige Geistesgegenwart.

- Unermessliche Mitfreude: Dies ist der Wunsch, alle Arten von Eifersucht und Konkurrenzdenken gegenüber anderen zu überwinden. Man wählt als Objekte Menschen, die durch Geburt, Reichtum oder Macht anderen überlegen sind und freut sich der Vorzüge, die sie genießen. Man beginnt mit einem Freund, fährt dann fort mit einer neutralen Person und übt schließlich mit einem „Feind“.

3. Tonglen
Die Meditation der liebenden Güte weckt und stärkt die Fähigkeit, Liebe zu geben und zu empfangen. Die folgende Methode geht jedoch noch einen Schritt weiter. Sie zielt auf das Erlöschen der Quelle allen Leids, nämlich den Glauben an die Existenz eines selbstsüchtigen Ichs und die Identifikation damit.

Tonglen ist die Meditation des Gebens und Nehmens. Sie gilt als besonders geeignet, Leiden zu transformieren. Um diese Meditation praktizieren zu können, soll man mit der Praxis der Vier Unermesslichen, insbesondere mit Übungen des Mitgefühls sehr vertraut sein. Außerdem ist es wichtig, eine stabile Erfahrung des nichtkonzeptuellen Bewusstseins, der „Natur des Geistes“ zu haben.

Bei dieser Meditation nimmt man mit dem Atem die Leiden anderer auf und gibt ihnen im Ausatmen den eigenen geistigen Frieden, das eigene Glück und Wohlbefinden.

3.1 Tonglen für das geistige und physische Umfeld
Diese Tonglen-Übung wird zur Transformation einer unangenehmen, angespannte Atmosphäre in der physischen Umgebung und im eigenen Geist angewandt. Man beginnt, indem man sich sammelt, still meditiert und die Motivation des Mitgefühls in sich wachruft. Im Sitzen erspürt man dann die Stimmung und Atmosphäre der Umgebung und des eigenen Geistes. Man stellt sich dann vor, wie die innerste Weisheitsessenz klares, unvoreingenommenes und liebevolles Mitgefühl ausstrahlt. Ist die gegenwärtige Laune oder das Umfeld düster und unangenehm, dann absorbiert man alles Unheilsame beim Einatmen in Form einer dunklen Wolke auf, die dann von dem Strahlen im Herzzentrum transformiert wird, ähnlich wie heiße Luft von einer Klimaanlage abgekühlt wird. Mit jedem Ausatmen verströmt man Ruhe, Klarheit, Gelassenheit und Freude in Form von Licht, das die Atmosphäre erfüllt.

3.2 Tonglen für sich selbst
Hierbei teilt man sich in zwei Aspekte auf. A, der heile, warme, liebevolle und mitfühlende Aspekt, immer offen, alle Fehler verzeihend, sitzt auf dem Meditationssitz. A ist der eigene reine Aspekt, die Manifestation von Mitgefühl. Ihm sitzt Aspekt B gegenüber, die alltägliche Persönlichkeit, die bekümmert oder würtend ist, diejenigen verletzt wurde, sich missverstanden und frustriert fühlt, verbittert und zornig ist, körperliche Krankheit oder Trauer erlebt etc. Während man B nun in seinem Leid betrachtet, entwickelt man Wärme, Freundschaft, bedingungslose Liebe und Mitgefühl. Man hat Verständnis für das Leid dieses anderen Teils der eigenen Persönlichkeit und akzeptiert es. Man stellt sich dann vor, wie das Leid des gewöhnlichen Ichs die Form einer dunklen Wolke annimmt. Einatmend nimmt man diese Wolke in sich auf, wobei sie alle Spuren des egoistischen Greifens beseitigt und im Herz das reine Bodhicitta, die gleißende Quelle von Weisheit und Mitgefühl, freilegt, das dadurch immer stärker strahlt. Ausatmend stellt man sich dann vor, wie man seinem leidenden Aspekt Verständnis, Freude, bedingungslose Liebe, Gelassenheit und Frieden in Form von Licht überträgt. Mit jedem Atemzug wird der gewöhnliche Aspekt damit lichter, bis die beiden Aspekte einander gleich geworden sind. Wenn man die Praxis beendet, so stellt man sich jedes Mal vor, dass sie vollständig gewirkt hat: Der gewöhnliche Aspekt ist von allem Leid befreit und strahlt vor Glück und Freude. Man löst die Visualisation dann auf und ruht in der Meditation.

3.3 Tonglen für andere
Um genügend Selbstvertrauen zu entwickeln beginnt man damit, dass man sich auf die Tonglen-Praxis wie folgt vorbereitet:
Man ruft im Raum vor sich ein erleuchtetes Wesen an, dem gegenüber man großes Vertrauen und Hingabe verspürt. Man bittet es dann, dass durch seinen Segen und seine Inspiration der Keim der eigenen mitfühlenden Essenz, das Bodhicitta, erweckt werden möge. Man visualisiert dann, wie das erleuchtete Wesen auf die Bitte reagiert und gewaltige Strahlen der Weisheit und des Mitgefühls aussendet, die mit einem selbst verschmelzen, alle Spuren der Selbstsucht bereinigen und im Herzen das Bodhicitta freilegen. Am Ende verschmilzt das Weisheitswesen mit einem und verbindet sich untrennbar mit dem eigenen Weisheitsgeist. Auf dieser Grundlage beginnt das Tonglen.

Man stellt sich vor, das jemand vor einem sitzt, den man kennt und der jetzt leidet und Schmerzen hat. Einatmend stellt man sich vor, wie man all seinen Schmerz voller Mitgefühl in sich aufnimmt, es transformiert und ausatmend Heilung, Freude, Wärme, Zuversicht, Energie und Glück in ihn verströmt. Man kann sich auch vorstellen, dass man selbst während der Meditation zu einem wunscherfüllenden Juwel wird, dass alle Wünsche und Bedürfnisse der Person, für die praktiziert wird, mühelos und spontan erfüllen kann. Am Ende der Praxis stellt man sich vor, dass alles Leid dieser Person samt seinen Ursachen vollständig beseitigt wurde.

Man kann diese Übung auch schrittweise erweitern. Man beginnt dann mit jemandem, den man sehr mag, wird sich dessen Leides bewusst, nimmt es auf und transformiert es. Man weitet dann den Kreis des Mitgefühls aus, indem man weitere Menschen einschließt, die man mag, dann solche, die einem gleichgültig sind, danach auch solche, die man nicht mag, und schließlich sogar solche, deren Verhalten einem wirklich als böse und grausam erscheint.

Am Ende jeder Meditationssitzung wird das Verdienst, das man mit dieser Praxis angesammelt hat, dem Wohl aller empfindenden Wesen.


Epilog

Avid ist heute, fünf Jahre später, ein gesundes, fröhliches und sehr aufgewecktes Kind. Er spricht zwei Sprachen, läuft, ist zwar zierlich und schlank, dennoch aber sehr stark und groß. Er ist geistig und motorisch ein gut entwickeltes Kind, das den Abstand zu seinen normal geborenen Altersgenossen vollkommen aufgeholt hat. Die Umstände seiner Geburt und den Horror seines ersten Lebensjahres merkt man ihm nicht mehr an. Unter seinen Ärzten gilt er deshalb ein wenig als ein medizinisches Wunder.

Esther und ich sind kein Paar mehr. Unsere Paarbeziehung hat die große Belastung und den kulturell und weltanschaulich sehr unterschiedlichen Umgang damit nicht verkraftet. Dennoch sind wir drei sehr eng und liebevoll miteinander verbunden, leben im gleichen Haus und sind eine Familie im besten Sinne des Wortes. Die beiden Lieben meines Lebens und ich.




Literatur
Dalai Lama
2006 Evolution und Karma: Mitgefühl passt nicht ins Bild der Biologie. In: Tibet und Buddhismus, XXI. Jahrgang, Nr. 77

Freud, Sigmund
1976 Trauer und Melancholie. In: Gesammelte Werke, Band 10. Frankfurt a.M.

Geshe Rabten
1995 Das Buch vom heilsamen Leben, vom Tod und der Wiedergeburt. Freiburg-Basel-Wien

Geshe Thubten Ngawang
1997 Vom Wandel des Geistes. München

Lammer, Kerstin
2003 Den Tod begreifen – Neue Wege in der Trauerbegleitung. Neukirchen-Vluyn
2004 Trauer verstehen. Neukirchen-Vluyn

Sogyal Rinpoche
1993 Das tibetische Buch vom Leben und Sterben. Bern-München-Wien

Mittwoch, 7. Mai 2008

Deher Mai ist gekohommen...

Alles neu macht der Mai --- hmh, schon. Also jeder Gang durch die Straßen hier zeigt, dass ´ne Menge Bäume noch weiter abgestorben sind und sich der Rest auch dahin entwickeln wird. Somit ist neu, dass alles noch etwas schlimmer ist...

Montag, 5. Mai 2008

Rigjé Lhamo

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Wongdze Dakini, Kurukulla, the Magnetising-Dakini

Out of the grace of all the Buddhas' pure awareness and compassion,
You arise as the Fascinating Goddess in bliss and emptiness,
Controlling with your charm all coming and going in the three realms:
Homage to Wongdze Dakini.



Homage, Mother, filling all regions, sky, and the realm of desire
With the sound of TUTTARA and HUNG,
Trampling the seven worlds with her feet,
Able to summon all before her.

Samstag, 3. Mai 2008

Dieses Weblog...

...ist nur für freie, denk- und diskussionsfähige Menschen bestimmt! Einfach einen Kommentar dalassen und ggf. ein Forum vorschlagen, in dem man diskutieren kann.

LuLs und Profiopfer können sich zwar im Prinzip äußern, sind aber eigentlich unerwünscht.

Donnerstag, 1. Mai 2008

Traditionelle Tibetische Medizin (TTM)

© Oliver Ohanecian

Ein kurzer geschichtlicher Überblick

Die traditionelle tibetische Medizin (TTM) gehört zu den großen, alten Medizinsystemen Asiens, neben der traditionellen chinesischen Medizin und dem indischen Ayurveda. Sie ist ein einzigartiges Heilsystem und eine der ältesten noch lebendigen Heiltraditionen der Welt. Die Wurzeln dieses Heilsystems reichen weit zurück in Tibets vorbuddhistische Geschichte und den Schamanismus des sogenannten alten Bön .

Der tibetische Terminus Bön bedeutet „rezitieren von Mantras“ und wurde in alten Texten auch durch das Verb gyer ersetzt, was als „anrufen“ übersetzt wird. Die im Bön überlieferten Medizinlehren befassen sich neben Kräutern, Astrologie u.ä. auch mit ritualistischen Heilungen, in denen der Heiler zwischen Götter- und Dämonenwelten und dem Kranken vermittelt, um so eine verloren gegangene Harmonie wieder herzustellen. Dabei spielt die Anwendung von Mantras eine wichtige Rolle. Mantras gelten als Aspekte der Wirklichkeit in Form von Klang und dienen der Austreibung von Krankheiten und Negativitäten, wie auch dem Vorgehen gegen jene, die solche Krankheiten hervorrufen. Vor allem den Anhängern des Bön, den Bönpos, und den Angehörigen der alten Schule des tibetischen Buddhismus, den Nyingmapas, sagt man bis heute den intensiven Gebrauch von Mantras nach. Als im Jahre 1717 unserer Zeit die Stämme der Zungar-Mongolen in Tibet einfielen, mussten daher Tibeter bei Treffen mit den mongolischen Anführern ihre Zungen herausstrecken. Sie mussten auf diese Weise demonstrieren, dass sie weder Bönpos waren, noch Nyingmapas, deren Zungen sich, so glaubte man, durch das unablässige Rezitieren von Mantras schwarz oder dunkelbraun färbten.

Für die Zeit des alten Bön wird von einer Vielzahl ritueller Praktiken berichtet, etwa das Dü Bön, bei dem man sich die Kräfte von Dämonen (Dü) nutzbar machen wollte, das Tsän Bön, der Kult der Tsän (eine Klasse schädlicher Wesen), oder auch verschiedene andere Kultformen, die sich der Praxis der Tieropfer bedienten. Zu irgendeinem Zeitpunkt – Bön-Quellen sprechen von 15 000 Jahren vor Beginn unserer Zeitrechnung, während Historiker auf etwa 2000 oder ca. 500 v.Chr. datieren - der tibetischen Geschichte erfolgte durch den erleuchteten Lehrer Shenrab Miwo im antiken Reich Zhang Zhung die Lehre eines erneuerten Bön. Der von ihm reformierte und systematisierte Bön wird als Yungdrung Bön bezeichnet. Yungdrung bedeutet Swastika, das Hakenkreuz, das etwas Ewiges und Unzerstörbares repräsentiert, dementsprechend ist auch vom Ewigen Bön die Rede. Shenrab Miwo wird als erleuchteter Buddha bezeichnet, der den Menschen mit dem Yungdrung Bön ein umfassendes System zur Schulung von Ethik und Weisheit vermachte . Grausame Opfer wurden dort durch Substitutionsriten ersetzt und die Praxis auf die Basis einer ethisch-philosophischen Ausbildung gestellt. Dieser Bön ähnelt sehr stark der alten Schule des tibetischen Buddhismus, Nyingma, weshalb heutzutage bisweilen auch von einem Bön-Buddhismus die Rede ist. Tatsächlich fand zwischen der Nyingma-Schule und dem Bön durch die Jahrhunderte ein reger Austausch statt, woraus im 14. Jahrhundert der sogenannte Neue Bön hervorging, der eine Synthese zwischen den Nyingma- und Bön-Lehren darstellt.

Die Bönpos kannten die medizinischen Kräfte des Heilpflanzenschatzes der tibetischen Hochebene, ein systematisiertes medizinisches Wissen scheint aber nur ansatzweise existiert zu haben. Medizinische Böntexte, die nach der Einführung des Buddhismus verfasst wurden, weisen bereits einen ayurvedischen Einfluss auf. Das Standardwerk des medizinischen Wissens der Bön-Überlieferung, ein Werk mit dem Titel „Die 400 000 Wege der Heilkunst“, wird zurückgeführt auf den Sohn Shenrab Miwos. 1993 wurden im Westen Tibets in der Region Ngari, der Gegend, in der das antike Reich Zhang Zhung lag, Steine mit Gravuren einiger Worte der Zhang Zhung-Sprache gefunden. Dies könnte darauf hindeuten, dass in dieser Region tatsächlich bereits in vorchristlicher Zeit eine Schriftsprache existierte .

Ab dem 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gab es historischen Berichten zufolge einen Austausch zwischen indischen und tibetischen Ärzten. Die Übermittlung des Heilwissens geschah ursprünglich innerhalb einer Familienlinie, in der Regel vom Vater auf den Sohn. Die erste dieser Familientraditionen von Ärzten wurde zwischen dem 2. und dem 5. Jahrhundert gegründet .

Einen absoluten Wendepunkt in der Geschichte und Kultur Tibets stellte die Einführung des Buddhismus dar. Sie wurde im 7. Jahrhundert unter der Herrschaft des 32. Königs Songtsen Gampo (617 - 650) eingeleitet, der das erste und letzte tibetische Großreich gegründet hatte. Songtsen Gampo war mit zwei Frauen verheiratet, einer nepalesischen und einer chinesischen Prinzessin, beide Buddhistinnen. Er konvertierte zum Buddhismus und ließ den ersten buddhistischen Tempel errichten. Unter seiner Ägide setzte ein reger Austausch der Kulturen zwischen Tibet, Indien und China ein. Zu dieser Zeit wurde durch den Gelehrten Thomi Sambhota eine tibetische Schriftsprache entwickelt und der indische Arzt Dharmakosha übersetzte gemeinsam mit dem chinesischen Arzt Hashang Mahadeva medizinische Texte ins Tibetische. Ein für die weitere Entwicklung der tibetischen Medizin sehr wichtiges Ereignis war zudem das Treffen der drei großen Ärzte Bara Datsa aus Indien, Hen Wong Hong aus China und Galeno aus Persien. Sie fassten ihre Erfahrungen unter dem Titel „Die Waffe der Unbesiegbarkeit“ zusammen, ein Werk, das leider im Laufe der Zeit verloren ging. Galenos Name legt nahe, dass er die altgriechisch-persische Medizin verkörperte, die durch ihn nach Tibet gelangte. Galeno blieb als Leibarzt des Königs in Tibet und gründete eine große Familiendynastie der tibetischen Medizingeschichte mit dem Namen „Tsoru“ .

Auch unter dem 37. König Me Ok-Tsom (698 – 755) wurden Ärzte aus Indien, Persien und China nach Tibet eingeladen. Aus ihrer Zusammenarbeit mit dem bedeutenden tibetischen Arzt Chunpo Tsitsi entstand ein medizinisches Werk mit dem Namen Soma Ratsa (Mond König). Auch in diesem Fall wurde durch den Persischen Arzt eine Familienlinie gegründet, die als „Bichi-Linie“ bekannt ist .

Unter der Herrschaft des 38. Königs Trisong Detsen (742 – 796) wurde der Buddhismus Staatsreligion. Der König lud den tantrischen Meister Padmasambhava nach Tibet ein, durch dessen Wirken sich der Vajrayana-Buddhismus durchsetzte. Padmasambhava war berühmt für seine Meisterschaft aller tantrischen Disziplinen, darunter auch die tantrische Medizin, und wird als zweiter Buddha verehrt . Unter anderem verfasste er auch medizinische Texte, die in Tibet aufbewahrt wurden, und gab Prophezeiungen über künftige neue Krankheiten und mit welchen Mitteln und Meditationen sie geheilt oder verhindert werden könnten. Diese Unterweisungen versteckte er dann zum Wohle zukünftiger Generationen an unterschiedlichen Orten, wo sie bei Bedarf und zu ihrer Zeit von geeigneten „Schatzfindern“ (tib. Terton) hervorgeholt werden sollten. Diese Tradition der kurzen Linie der Lehrübermittlung von Padmasambhava auf Schüler in späteren Jahrhunderten wird als Terma bezeichnet, im Gegensatz zu Kama, der kontinuierlichen Lehrüberlieferung vom Lehrer auf den Schüler durch die Jahrhunderte hinweg . Die Schatztexte bilden insbesondere in der Nyingma-Schule eine eigene Literaturgattung. Padmasambhava verankerte den Buddhismus in Tibet, erbaute Tibets erstes Kloster, weihte den König und andere in die tantrischen Lehren ein und prophezeite, dass der Buddhadharma nach Jahrhunderten der Blüte in Tibet schließlich nach Westen gelangen würde .

Im Jahr 762 wurde die erste medizinische Hochschule gegründet. Ihre Leitung oblag Vairocana, einem berühmten Übersetzer und Schüler Padmasambhavas. Die Hochschule wurde an der Grenze der osttibetischen Region Kham errichtet und nach ihrer Eröffnung durchliefen zunächst dreihundert Studenten das zehnjährige Studium. Nach Abschluss des ersten Lehrzyklus begann der zweite bereits mit tausend Studenten. In der Folge wurde die Hochschule zu einem Zentrum für Forschung und Studium. Und aufgrund der königlichen Vorliebe für Pferde wurde auch eine Veterinärmedizin eingeführt. Vermutlich erfolgte zu dieser Zeit eine Integration der medizinischen Bön-Lehren durch Vairocana in Zusammenarbeit mit dem tibetischen Arzt Yuthok Yönten Gonpo dem Älteren .

Yuthok Yönten Gonpo war der erste in der Liste der Arzt-Heiligen Tibets. Etwa 762 berief der König eine Art internationale Konferenz über tibetische Medizin ein, zu der neun Ärzte aus China, der Mongolei, Nepal, Turkistan, Persien, Indien, Kaschmir, Sinkiang und Afghanistan eingeladen wurden. Yuthok nahm als Vertreter Tibets an dieser Konferenz teil. Alle Ärzte übersetzten Texte aus ihren jeweiligen Traditionen und es gab einen Disput, aus dem, der tibetischen Überlieferung zufolge, Yuthok als Sieger hervorging. Um das tibetische System mit dem indischen zu vergleichen, reiste er dreimal nach Indien und besuchte die Zentren der buddhistischen Gelehrsamkeit, wie die Klosteruniversität Nalanda. Er wird auch mit dem wichtigsten Text der tibetischen Medizingeschichte in Verbindung gebracht, den Vier Tantras der Medizin, auf tibetisch Gyüshi. Seine genaue Rolle in Bezug auf diesen Text ist unklar. Er soll ein Sanskrit-Original dieses Tantras studiert, es dann übersetzt und kommentiert haben. Das Gyüshi wurde dann in einer der Säulen des Samye-Klosters verborgen, damit es von einem späteren geeigneten Menschen wieder entdeckt werden konnte und so der Menschheit erhalten blieb. Somit ist dieser wichtigste Medizin-Text der Termatradition zuzurechen .

Im zwölften Jahrhundert lebte Yuthok Yönten Gonpo der Jüngere. Er war ein Nachkomme Yuthok des Älteren und von ähnlich herausragender Bedeutung für die tibetische Medizingeschichte, wie sein Vorgänger. Zu der Zeit seines Wirkens war das Gyüshi bereits im Kloster Samye wieder aufgefunden worden, so dass er mit dessen Lehren vertraut war. Sechsmal reiste er außerdem nach Indien, einmal sogar nach Ceylon, um die dortigen Versionen des Gyüshi kennen zu lernen und zu vergleichen. Anschließend schrieb er eine Neufassung und einen Kommentar mit dem Titel „Die achtzehn zusätzlichen Hilfsmittel“, der gleichzeitig eine Einführung in die Geschichte der Medizin war. Seine Bearbeitung des Gyüshi blieb die Standartfassung dieses Textes .

Im 14. Jahrhundert gab es zwei berühmte Ärzte, die schrieben und lehrten. Jangpa und Zurkarpa wurden die Begründer zweier konkurrierender medizinischer Systeme, bekannt als Janglu und Zurlu. Im 17. Jahrhundert machten sich in diesen Systemen Verfallserscheinungen bemerkbar, weshalb der 5. Dalai Lama die Gründung einer neuen Hochschule verfügte. So erfolgte auf dem so genannten Eisenberg bei Lhasa der Aufbau der Chagpori-Hochschule. 1754 folgte die Gründung der Palpung-Hochschule, an der die Fünf Zweige des Wissens gelehrt wurden, nämlich Astrologie, Medizin, Mathematik, Poesie und Linguistik. Palpung avancierte schnell zu einer der führenden Hochschulen Tibets .

Der 13. Dalai Lama gründete 1916 eine weitere Hochschule in der Hauptstadt Lhasa, den Men-Tsee-Khang. Nach der Flucht des 14. Dalai Lama ins indische Exil wurde der Men-Tsee-Khang als ein „Tibetisches Institut für Medizin und Astrologie“ im nordindischen Sitz der Exil-Regierung, Dharamsala, neu errichtet. Das Institut bildet heutzutage Ärzte aus, hat ein angegliedertes Hospital und stellt die traditionellen Arzneimischungen her .

Das ehrwürdige Chagpori-Institut wurde in Darjeeling unter der Leitung des Lamas und Arztes Dr. Trogawa Rinpoche neu gegründet und bildet heute ebenfalls wieder Ärzte aus.

Seit wenigen Jahren existiert auch eine internationale Akademie für traditionelle tibetische Medizin, die von dem jungen Arzt Dr. Nida Chenagtsang gegründet wurde und in mehreren europäischen Ländern, Kanada, Australien, der Mongolei und auch in Tibet selbst eine Ausbildung in Teilaspekten oder auch der vollständigen traditionellen Medizin anbietet. Diese Möglichkeit wird vorwiegend von Ärzten und Heilpraktikern wahrgenommen .


Der mythische Hintergrund

Der buddhistischen Überlieferung zufolge liegt, unabhängig von historischen Entwicklungen und Persönlichkeiten, der eigentliche Ursprung allen Heilwissens im Buddha selbst. Heil und Heilung sind in der tibetischen Medizin aufs Engste miteinander verwoben. Der buddhistischen Legende zufolge liegt der Ort der Offenbarung allen Heilwissens in Tanatuk, dem Paradies der Heilung. Dort erschien der historische Buddha Shakyamuni in Gestalt des Vaidurya, des dunkelblau strahlenden heilenden Buddhas, um das Wissen vom Heilen darzulegen. Er manifestierte dort zwei Emanationen, nämlich den Geist des heilenden Buddhas, den Weisen Rigpai Yeshe, und den Weisen Yile Kye, die Verkörperung der Rede des heilenden Buddhas. Die im Tantra der Heilung, dem Gyüshi, aufgezeichnete Lehre über die Ursachen und Behandlungsweisen von Krankheiten ist gekleidet in die Form eines langen Dialoges zwischen diesen Emanationen des Buddhas .

Unter den Zuhörern befanden sich Gottheiten, Rishis , Buddhisten und Nicht-Buddhisten. Sie alle verstanden so viel, wie es ihrem jeweiligen Fassungsvermögen entsprach, und verfassten dementsprechende verschiedene Abhandlungen über das, was sie gehört hatten. Allein Yile Kye verstand alles und schrieb die vollständige Lehre vom Heilen in 5900 Versen mit einer Tusche aus Lapislazuli auf Blättern nieder, die aus reinem Gold bestanden. Diese Schrift wurde dann von den Dakinis im mythischen Land aufbewahrt und gehütet .


Gyüshi – die vier Tantras der Medizin

Die Vier Tantras, das Gyüshi, gelten als Essenz der tibetischen Medizin . Es heißt, sie enthalten in verdichteter Form das gesamte medizinische Wissen Tibets und haben ihren Ursprung im Buddha selbst. Somit ist das Gyüshi mehr, als einfach nur ein Lehrtext über das Heilen. Vielmehr haben die Vier Tantras und die Fähigkeit des Heilens eine zutiefst sakrale Qualität und sind im Heil verankert. Heilung strebt in letzter Konsequenz mehr an, als lediglich die Beseitigung von Krankheitssymptomen. Der größte Arzt ist der Buddha selbst, daher liegt Heilung im höchsten Sinne in der Erlangung des Zustandes der Buddhaschaft.



1. Das Grund- oder Wurzeltantra
Im Wurzeltantra werden die Bestandteile des Körpers und der kranke Körper in Gestalt eines Baumes dargestellt. Aus der Wurzel gehen zwei Stämme hervor, der Stamm des gesunden Körpers und der Stamm des kranken Körpers. Dem Stamm des gesunden Körpers sind drei Zweige zugeordnet:
1. die Körpersäfte (Energien)
2. die Grundstoffe, aus denen der Körper besteht
3. die Ausscheidungen

Aus dem Stamm des kranken Körpers gehen neun Zweige hervor:
1. die Ursachen von Krankheit
2. Bedingungen für Krankheit
3. Einfallstore von Krankheit
4. die Orte, an denen sich Krankheiten manifestieren (Körperteile)
5. die Zirkulationswege
6. das Entstehen von Krankheiten
7. die tödlichen Wirkungen
8. die Nebenwirkungen
9. eine Zusammenfassung

Die Krankheiten werden im Wurzeltantra in vier Gruppen geordnet:
1. Kinderkrankheiten
2. Krankheiten der Erwachsenen
3. Frauenkrankheiten
4. Alterskrankheiten

Außerdem beschreibt es die Organe des Körpers und stellt die Lehre der drei Körpersäfte, die Diagnosemethoden und die allgemeinen Behandlungsgrundlagen dar.

2. Das erklärende Tantra
Der zweite Teil des Gyüshi besteht aus 31 Kapiteln, die nacheinander die Phasen des menschlichen Lebens beschreiben: Geburt, Entwicklung, Reifung, Altern, Tod und Wiedergeburt. Das Leben wird unterteilt in drei große Abschnitte: Von der Geburt bis zum 16. Lebensjahr, von 16-50, von 50 bis zu Alter und Tod. Es enthält:
- Embryologie (mit Empfängnis und Schwangerschaft)
- Anatomie und Physiologie
- Erläuterungen zur Rolle der drei Körpersäfte
- die 2000 Heilmittel, die das Gleichgewicht wieder herstellen können
- Diät, Menge und Art der Nahrung, sowie zu vermeidende Speisen.

Krankheiten werden unterteilt in Geisteskrankheiten und somatische Erkrankungen, geordnet nach ihrem Sitz. Es werden auch Krankheiten durch Vergiftungen erörtert, sowie Umweltkrankheiten . Außerdem ist ein Kapitel über Sexual- und Körperhygiene enthalten, sowie eines über ethische Normen.

3. Das Tantra der mündlichen Tradition
Der dritte Teil besteht aus 52 Kapiteln, in denen alle bekannten Krankheiten nach ihrer Beziehung zum Ungleichgewicht der drei Säfte behandelt werden. Es ist unterteilt in:
- Ätiologie
- Pathologie
- Therapie
- Analyse der Krankheit in Bezug auf geschichtliche Epochen

Außerdem werden in einem eigenen Kapitel die Beziehungen der tibetischen Medizin zum Buddhismus geschildert.

4. Das Folge-Tantra
Das vierte Tantra ist ausführlich den therapeutischen Methoden gewidmet:
- Urin-Diagnose
- Puls-Diagnose
- Chinesische Techniken: Moxa, Akupunktur
- Methoden der Entfernung von Giften (z.B. Erbrechen)
- Verschiedene Methoden: - einfache (Umschläge, warme und kalte Kompressen)
- drastische (Chirurgie und Aderlass)
- Auf- und Zubereitung der Heilmittel

Darüber hinaus werden elf Grundprinzipien aufgelistet:
1. Synthese der Grundelemente
2. Existenz des Körpers und seine Umwandlungen
3. Entstehen und Abklingen von Krankheiten
4. Verhalten
5. Ernährung
6. Heilmittelpräparate
7. Gebrauch der medizinischen Instrumente
8. Immunität gegen normale Krankheiten
9. Diagnose
10. Heilmethoden
11. Verhalten des Arztes


Das Yuthok Nyingthig

Das Idealbild eines Arztes ist in Yuthok dem Jüngeren dargestellt. Der Begriff „Arzt“ ist hierbei nicht allein eine Berufsbezeichnung, sondern hat außerdem eine tiefgehende spirituelle Bedeutung. Der ideale Arzt beseitigt nicht allein die Symptome einer Krankheit, sondern er ist eine Verkörperung des Heiligen, eine Emanation des Buddhas . So repräsentiert Yuthok Yönten Gonpo der Jüngere die spirituelle Dimension der tibetischen Medizin. Auf ihn werden „zwei Juwelen“ zurückgeführt, nämlich die revidierte Fassung des Gyüshi und das Yuthok Nyingthig, eine wichtige Sammlung spiritueller Praktiken für Ärzte und Heilkundige der traditionellen tibetischen Medizin. Die wörtliche Bedeutung von Yuthok Nyingthig ist „Die Herzessenz [der Lehren] von Yuthok“. Das Ziel der in diesem Zyklus gesammelten spirituellen Praktiken besteht darin, die Praktizierenden zu einer Erfahrung der Einheit von Medizin und Spiritualität zu führen. Diese Erfahrung gipfelt in der Verwirklichung einer harmonischen Integration von Körper, Geist und Energie in die subtilste Form der fünf Elemente, aus denen die Erscheinungswelt besteht .

Der so genannte Wurzeltext des Yuthok Nyingthig gilt als die Essenz von Yuthoks spirituellen Lehren. Yuthok sah spirituelle Praktiken, Yoga und Meditation als integralen Bestandteil der Ausbildung eines jeden Arztes. Der Yuthok Nyingthig Wurzeltext enthält :

- Ngondro Praxis - vorbereitende Übungen
- vier Formen des Guru-Yoga mit Yuthok
- ein großes Kapitel über Tibetisches Medizinisches Yantra Yoga (körperliche Übungen)
- fünfzehn Kapitel über Physiologie und Pathologie (einschließlich Störungen der drei Säfte, Infektionskrankheiten, Schmerz, Trauma und Vergiftung)
- ein kompletter Zyklus von Vajrayana Praktiken
- Khyed Rim - Erzeugungsstufe (Praxis der drei Wurzeln )
- Dzog Rim - Vollendungsstufe, d.h. Sechs Yogas, bestehend aus Tummo , Gyulus -, Klares Licht -, Bardo -, Powa - und Traumpraxis
- Dzogchen - Die Praxis der Großen Vollendung
- Man Drub - Heil- und Schutzmantras
- die Praxis der Schützergottheiten des Heilwissens
- Unterweisung in einer speziellen Form der Pulsdiagnose. Hierfür geht der Praktizierende für einen Monat ins Retreat, um Übungen auszuführen, die ihn auf das Lesen des Patientenpulses vorbereiten.
- Die Praxis des Yuthok Nyingthig soll zur Entwicklung spezieller Fähigkeiten der Klarsicht und Hellsichtigkeit, die den Arzt befähigen, ein besserer Heiler zu sein.

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Der ideale Arzt zeichnet sich nach tibetischem Verständnis nicht allein durch seine gründlichen Kenntnisse der medizinischen Lehren und ihrer Anwendungen aus, sondern auch durch eine ausgeprägte Intuition, einen unerschütterlich klaren Geist und eine tiefgründige Erkenntnis, die über das konzeptuelle Bewusstsein und seine intellektuellen Möglichkeiten weit hinausreicht. Er ist Gelehrter, Heiler und Mystiker in einer Person. Ikonographisch wird dies im Bild des Yuthok zum Ausdruck gebracht. Er sitzt auf einem Lotos und einer Mondscheibe. Der Lotos bedeutet Reinheit, der Mond symbolisiert die Methode und das Formhafte. Seine in der Lotosposition überkreuzten Beine zeigen eine ausgeglichene Unerschütterlichkeit. Sein Kopf ist mit medizinischen Pflanzen geschmückt. Seine rechte Hand hält in der Geste höchsten Gebens, ruhend auf dem rechten Knie, was Aktivität symbolisiert, einen Lotos, auf dem sich ein Buch und ein Weisheitsschwert befinden. Dies kennzeichnet den vollkommenen Arzt als eine Person von großer Gelehrsamkeit und gut ausgebildetem Intellekt. Gleichzeitig hält er mit der linken Hand einen Lotos, der seinem Herzen entspringt. Auf ihm befinden sich eine Langlebensvase und ein Vajra. Die Langlebensvase ist ein Attribut von Amitayus, dem Bodhisattva des langen Lebens, und drückt die Fähigkeit aus, das Leben zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern, sowohl medizinisch, als auch spirituell. Der Vajra symbolisiert das unergründliche, unerschütterliche, unveränderliche, unteilbare und unzerstörbare Sein der absoluten Wahrheit und letzten Wirklichkeit, d.h. die Verwirklichung der Erleuchtung der Buddhaschaft .

Auf diese Gestalt des Arzt-Heiligen wird von den angehenden Ärzten Guru-Yoga geübt. Dabei wird diese Gestalt visualisiert, ihre Bedeutung vergegenwärtigt und ihr Mantra, d.h. Yuthok in Form von Klang, rezitiert. Sind die vollendeten Qualitäten des Arzt-Heiligen auf diese Weise schließlich gegenwärtig, so verschmilzt die Gestalt mit dem Meditierenden, um so ein entsprechendes Potential zur Entfaltung zu bringen: Der Meditierende wird Yuthok.

Einige allgemeine Grundlagen

Die philosophische Basis der tibetischen Medizin bildet die Lehre vom bedingten Entstehen, tibetisch Tendrel, ausformuliert in der Madhyamaka-Philosophie , die auf den indischen Philosophen und buddhistischen Heiligen Nagarjuna zurückgeht. Diese Lehre besagt im wesentlichen, dass die Wesen und Phänomene aus vielerlei Faktoren zusammengesetzt und daher ohne ein Selbst sind. Im Substanzbegriff der weit verbreiteten dualistischen Logik von Sein und Nicht-Sein wird den empirisch erscheinenden Dingen eine Eigennatur unterstellt: Die Erscheinung wird als eigenständig seiende Größe begriffen und beschrieben. Allerdings wird "Sein" in der Philosophie vom abhängigen Entstehen definiert als tatsächlich Eigennatur besitzend, dadurch unabhängig und dadurch ewig, nämlich allen Wechselfällen enthoben. "Nicht-Sein" wird hierbei dann verstanden als Ausdruck von Vernichtung.

Diesen Begriffen von "Sein" und "Nicht-Sein" stehen die empirischen Erscheinungen gegenüber, die durch ihr Entstehen und Vergehen belegen, dass sie in stetem Wandel begriffen sind, mithin also weder "Sein" noch "Nicht-Sein" auf sie zutrifft. So bildet dieses "weder - noch" die zwei weiteren Eckpfeiler dieser Lehre. So gibt es die Eckpunkte "Sein", "Nicht-Sein", "weder Sein", "noch Nicht-Sein", mit deren Hilfe die Erscheinungswelt betrachtet wird. Nach dieser Art der Betrachtung spielt sich die Welt zwischen Sein und Nicht-Sein als ein dynamischer Prozess der Bedingtheiten ab. Die Erscheinungen sind nicht, denn dann wären sie ewig; sie werden auch nicht vernichtet, denn sie besitzen eben keine Eigennatur. Sie sind ohne diese unabhängige Eigennatur, weil sie in all ihren Aspekten zusammengesetzt sind: Dinge bestehen aus Dingen bestehen aus Dingen etc. Sie sind zeitlich befristete Erscheinungen, die von fluktuierenden Daseinsfaktoren hervorgebracht werden. Diese Daseinsfaktoren bringen sich in ständiger Bewegung gegenseitig hervor. Sie werden als Dharmas bezeichnet, die zu fünf Gruppen oder Hauptkategorien gebündelt werden, den so genannten Skandhas.

Welt ist hierbei ein dynamischer Prozess unablässigen Werdens, dem kein Substrat zugrunde liegt. Das bedeutet, dass die Erscheinungen nicht sind, sondern geschehen. Dies tun sie allerdings auch nicht monolinear kausal, d.h. es gibt keine einzige und erste Ursache, sondern konditional, d.h. die einzelnen Daseinsfaktoren sind nicht alleinige Ursache, sondern Bedingung neben an deren Bedingungen.

Der Wahrheitsbegriff erfährt in dieser Sichtweise eine Teilung in relativ und absolut. Relativ sind hierbei die sprachlich fassbaren und kategorisierbaren Wahrheiten der Erscheinungswelt, die sich nach den Regeln der Logik ordnen lassen. Hier besteht ein Gewahrsein für die unzähligen möglichen Sichtweisen, Beschreibungen etc. Die Wahrheit der Naturwissenschaften steht hier gleichwertig neben den Wahrheiten der Künste, Religionen usw., sowie neben all den individuellen relativen Wahrheiten. Die letzte Wirklichkeit jedoch, also die absolute Wahrheit, liegt jenseits all der Formen des relativen Bereiches. Erfahrung der absoluten Wahrheit ist die Erfahrung der Transzendenz und Zeitlosigkeit - des Seins.

Körper-Energie-Geist bilden eine Gesamtheit aus Wirksamkeiten, die nicht getrennt von der sie umgebenden Welt sind. Sie sind zusammengesetzt aus einer Vielzahl verschiedener Phänomene und entstehen und vergehen im Zusammenspiel äußerer und innerer Faktoren. Es gehen gleichermaßen Handlungen von diesem Körper-Geist-System aus, wie auch die wahrgenommenen Dinge zu diesem Zentrum hin orientiert sind. Der innerste Kern des Individuums ist das Zentrum des von ihm wahrgenommenen Universums. Die Gesamtheit der Wirksamkeiten umfasst fünf psychophysische Bestandteile, fünf elementare Kräfte und fünf Sinnesobjekte.

Die psychophysischen Bestandteile sind
- Farbe/Form als erkenntnistheoretisches Objekt in wahrnehmbaren Situationen,
- Gefühlsurteil/Empfindung,
- Unterscheidungsfähigkeit/Begriffsbildung,
- diskursives Denken
- abstrakte Wahrnehmung/Bewusstsein.

Die fünf Elemente sind
- Erde (Festigkeit),
- Wasser (Kohäsion und Fliessen),
- Feuer (Temperatur und Licht),
- Luft (Beweglichkeit und Schnelligkeit)
- Raum (umfassende Weite)

Die fünf Sinnesobjekte sind:
- Farbe
- Klang
- Geruch
- Geschmack
- Struktur

Die individuellen Lebenswelten entstehen durch die Begegnung der Sinne mit ihren jeweiligen Sinnesobjekten. Erhalten werden sie als individuelle Lebenswelten durch wertende Unterscheidung, subjektive Standpunke, latente Neigungen, Wünsche und Emotionen, die aus diesen Faktoren resultieren und ihrerseits wiederum verstärkend auf sie einwirken.

In diesem Zusammenhang ist der Terminus Karma zu betrachten. Wörtlich bedeutet er „Tat“ und wird mit unablässigem Wind und Samenkörnern verglichen. Der buddhistischen Lehre (Dharma) zufolge ist die Vorstellung es gäbe ein „Ich“ im Sinne einer abgegrenzten Person, also ein Selbst bzw. eine Seele, bereits eine grundlegende Illusion über das Wesen der Wirklichkeit. Aus dem Zusammenspiel der Daseinsfaktoren entstehen gleichermaßen die äußere und die innere Welt. So ist das Ich oder Selbst gleichfalls ein Erzeugnis dieses Prozesses. Die Vorstellung eines eigenständig existierenden Selbst bzw. eines ewigen Persönlichkeitskernes im Sinne einer Seele wird daher verneint. Eine Ewigkeit oder Kontinuität wird allein dem subtilen Geist zugeschrieben. Die Gesetzmäßigkeit des bedingten Entstehens ergibt sich aus dem unablässigen Wandel der Welt: Jede Handlung, die aus verblendeten Willensimpulsen hervorgeht, gestaltet demnach die dynamische Welt neu, auf der materiellen wie auch auf den geistigen Ebenen, indem sie Daseinsimpulse setzt, die zu gegebener Zeit unter dem Einfluss sekundärer Ursachen, die ihnen entsprechen, zur Reife gelangen und die erlebten Wirklichkeiten formen .

So ist auch die „Wiedergeburt“ geknüpft an den Karmabegriff. Durch Karma werden die Daseinsfaktoren zu neuen Existenzen, Persönlichkeiten und Lebenswelten zusammengefügt. Dargestellt wird dies im Bild des Bhavachakra, wörtlich das „Rad des Werdens“. Es zeigt in seiner Nabe drei Symboltiere, die die so genannten Geistesgifte Gier, Hass und Unwissenheit repräsentieren: Ein Schwein (Unwissenheit), ein Hahn (Gier) und eine Schlange (Hass). Umgeben ist die Nabe von einem Ring, der in eine schwarze und eine weiße Hälfte unterteilt ist. Er stellt das Karma dar, das aus den Geistesgiften hervorgeht und zu Existenzen in verschiedenen Erlebniswelten und Daseinsbereichen führt. Es werden sechs Daseinsbereiche unterschieden, aus denen der nächste Ring zusammengesetzt ist. Den äußeren Kreis bildet dann die Kette des abhängigen Entstehens, der so genannte Konditionalnexus. Jedes seiner Glieder ist nicht alleinige Ursache (causa), sondern nur eine Bedingung (conditio) neben anderen dafür, dass das nächste Glied entsteht . Gehalten wird das Rad von einer dämonisch anmutenden Gestalt, die exoterisch und esoterisch interpretiert wird. In der exoterischen Deutung gilt die Gestalt als der Herr des Todes . Andererseits trägt sie die fünffache Schädelkrone, was die Überwindung der Ursachen Samsaras zum Ausdruck bringt, und ist auf der Stirn mit einem dritten Weisheitsauge gekennzeichnet. Beides gemeinsam bezeichnet ein überweltliches Wesen. So sehen esoterische Interpretationen in dieser Figur eine Manifestation des erleuchteten Bewusstseins, des Heiligen, das allen Erscheinungen zu Grunde liegt . Dies bedeutet, dass sich das Heilige aus allen Erscheinungen heraus offenbaren kann. Ein Unterschied zwischen heilig und profan, rein und unrein ist dann aufgehoben .

Die sechs Daseinsbereiche des Buddhismus, wie sie im Bhavachakra dargestellt sind, werden gleichermaßen psychologisch und wörtlich verstanden. So kann sich ein gewöhnliches Bewusstsein durch mentale und emotionale Zustände bewegen, die sich den sechs Daseinsbereichen zuordnen lassen. Ein menschliches Bewusstsein, das etwa der Sphäre der Halbgötter entspricht, ist gekennzeichnet durch eine Neigung zu Wettkampf und Neid, während die Sphäre der Hungergeister Geiz und Zustände eines unstillbaren und quälenden Hungers nach Erfahrungen repräsentiert; die Sphäre der Tiere steht für leidhafte Dumpfheit und die Höllen für maßlose Aggression und immer wiederkehrende, unermessliche Qualen. Die Götterwelt dagegen repräsentiert selbstgefälligen und egozentrischen Zustand tiefer Glückseligkeit. Die menschliche Sphäre versinnbildlicht einen Zustand der Begierde, aber auch des Ausgleiches von Extremen.

Neben ihrer psychologischen Bedeutung gelten die Daseinsbereiche jedoch auch als Welten, die parallel zu unserer menschlichen existieren. Und die Bereiche können positiv wie negativ aufeinander einwirken. Je unachtsamer und verblendeter ein Mensch in seinem Handeln ist, desto stärker mögen sich seine Aktivitäten negativ auf andere Daseinsbereiche auswirken. Die dort beheimateten Wesen können dadurch gestört und geschädigt werden, weshalb sie sich wiederum an den Menschen rächen, indem sie Krankheiten, Katastrophen, Kriege und ähnliches verursachen.

Allgemein ist es wichtig, das eigene Handeln unter dem Gesichtspunkt seiner karmischen Auswirkungen zu überdenken. Besonders gilt dies aber für einen Arzt. So heißt es im zweiten Tantra des Gyüshi, im Tantra der Erklärung:

„Eine Person, die Gift genommen hat, wird einen trockenen Mund verspüren, schwitzen, in Furcht erzittern, ruhelos sein und mit Schuld und Besorgnis in alle Richtungen blicken. Hat man Obengenanntes verstanden, dann sollte man sich künftig davor hüten, anderen Schaden zuzufügen.“




Die Ziele der TTM

Die TTM verfolgt zwei Ziele : Vorbeugung und Heilung.
1. Vorbeugung: Krankheit wird verstanden als ein Ungleichgewicht und diesem Zustand soll vorgebeugt werden, denn Vorbeugung hat einen höheren Stellenwert, als Heilung. Daher wird gesagt: „Selbst wenn man nicht krank ist, muss man achtsam sein“ (tib. Minawa neypar che). Vorbeugung erfolgt durch eine gute Lebensführung und eine achtsame Ernährung.
2. Heilung: Wenn es zu einem Ungleichgewicht kommt, so manifestiert sich Krankheit. Aufgabe der Medizin ist es dann, das Gleichgewicht wieder herzustellen, indem sie mit den zugrunde liegenden Ursachen und Wirkungen arbeitet. Dabei gilt das Augenmerk zunächst der Ernährung und Lebensführung des Patienten, die ggf. korrigiert werden. Darauf folgt dann die Behandlung mit Kräuterarzneien und die Anwendung äußerer Therapieformen.

Überblick über die TTM
Traditionell wird die TTM mit einem großen Garten verglichen: ein vollständiges Studium umfasst die 99 Bäume des Wissens. Der Baum ist hierbei ein Bild des Menschen, andererseits handelt es sich um eine Mindmap der medizinischen Lehren. Die Bäume werden gewissermaßen im Gehirn gepflanzt.

Der erste dieser Bäume behandelt den Zustand des Menschen und hat zwei Äste:
1. Der erste Ast beschreibt den gesunden Menschen, bei dem sich Körper, Energie und Geist in einem Zustand der Ausgewogenheit befinden. Grundsätzlich benötigt der Mensch ein energetisches Gleichgewicht. Energie ist die Verbindung zwischen Körper und Geist. Gerät die Energie aus dem Gleichgewicht, so geraten auch Körper und Geist aus dem Gleichgewicht und das führt zu einer Erkrankung. Ein gutes Gleichgewicht hingegen führt zu einem gesunden Körper, einem klaren, stabilen Geist und einem großen Maß an vitaler Energie.
2. Der zweite Ast beschreibt die Ursachen und Arten von Ungleichgewicht. In der TTM werden die negativen Ursachen in zwei Kategorien unterteilt: primär und sekundär. Primäre Ursachen entstehen aus negativen und destruktiven emotionalen Zuständen und Ansichten, wie Wut und Aggression, Lust, ungesundes Anhaften (Begierde) und Ignoranz. Sekundäre Ursachen sind lang anhaltende, sich wiederholende Faktoren wie eine falsche Ernährung und Lebensweise , die Zeit (saisonale Ursachen) und Provokationen

Der zweite Baum ist der Baum der Diagnose und hat drei Äste:
1. Die Begutachtung: Der Patient wird genau beobachtet und aus seinem Verhalten und Aussehen erste Schlüsse gezogen; Urin-Analyse (z.B. Farbe, Dampf, Bläschen, Geruch, Sedimente, Öligkeit etc.).
2. Palpation, die Tastdiagnose: Hierbei werden die verschiedenen Pulse des Patienten ertastet; es werden zwei Hauptaspekte unterschieden: Palpation zur typologischen Bestimmung und die Palpation zur Untersuchung pathologischer Zustände.
3. Die Anamnese: Der Patient wird zu verschiedenen Aspekten seiner Lebensführung, Ernährung, unterschiedlichen Sinnesempfindungen, Befindlichkeiten etc. intensiv befragt.

Der dritte Baum ist der Baum der Behandlung und hat vier, nach der Termatradition fünf Äste, wobei die Behandlung nicht allein die Symptome, sondern auch die Ursachen behandeln soll:
1. Ernährung als die beste Behandlung
2. Lebensstil (Tagesablauf, Schlafenszeiten, Vorlieben, Abneigungen etc.)
3. Medikation: Die tibetische Pharmacopea verwendet Heilpflanzen, Mineralien und in geringem Maße auch tierische Substanzen zu Heilzwecken.
4. Äußere Therapien: Massage, Akupunktur, Moxibustion, Schröpfen; außerdem als zweitrangige Therapieformen: Kräuterbäder, Aderlass, Kompressen, Stocktherapie und „mongolische Moxibustion“.
5. Die Termatradition nennt zudem als fünften Ast die Behandlung mit Heilmantras



Energie

Der Terminus “Energie” bezeichnet eine dynamische Kraft, die als Quelle aller Existenz gilt. Im Körper ist sie das psycho-physische Prinzip der Vital-Kraft. Diese Energie geht aus den fünf Elementen Raum, Wind, Feuer, Wasser und Erde hervor. Die Qualität des Raumes ist die Leerheit und Potentialität, aus der alle Phänomene hervorgehen. Wind hat die Qualität Bewegung, Wachstum und Entwicklung. Feuer steht für die Eigenschaften Schnelligkeit und Hitze, die zur Reifung führt. Wasser hat die Qualität des Fließens und der Kohäsion. Erde schließlich steht für Festigkeit und Stabilität .

Gemäß der tibetischen Humorallehre gehen aus diesen fünf Elementen drei “Säfte” oder inneren Energien hervor:
1. Wind (tib. Lung): Entsteht aus den Elementen Raum und Wind; ist Bewegung und Aktivität; reguliert das Denken und Sprechen; steuert das Nervensystem, die Atmung und die Ausscheidung.
2. Galle (tib. Tripa): Entsteht aus Feuer; ist heiß und reguliert die Körperwärme; weitere körperliche Funktionen: Verdauung und Aufnahme von Nährstoffen, katabolische Funktionen, Hunger und Durst, Mut, Motivation und Vision.
3. Schleim (tib. Pekan): entsteht aus Erde und Wasser; ist von kalter Natur; Körperliche Funktionen: Kohäsion, Flüssigkeit, Struktureller Zusammenhang des Körpers, Körperflüssigkeiten, anabolische Funktionen, Schlaf, Geduld und Toleranz.

Wind gilt als neutral und hat die Eigenschaft, sich verstärkend auf die beiden anderen „Säfte“ auszuwirken. Galle ist heiß und Schleim ist kalt, d.h. sie wirken entgegengesetzt.

Der Körper ist gemäß der TTM und der tantrischen Lehren außerdem von einem System von 72000 feinstofflichen Kanälen (tsa) durchzogen, in dem sich die Winde oder Kräfte (lung) und Essenzen (thigle) befinden. Entlang der Körperachse vereinen sie sich zu drei großen Energiekanälen, die in der tantrischen Meditation erfahren werden können. Der rechte und der linke Energiekanal, in denen die durch Mutter und Vater vererbten weiblichen und männlichen Energien fließen, umwinden den zentralen Kanal, der für spirituelle Praktiken von überragender Bedeutung ist. Die Schnittpunkte dieser Energiekanäle werden als Chakras (khorlo) bezeichnet. Der Bestand des Körpers beruht auf den Kanälen, deren Funktion ihrerseits von den verschiedenen feinstofflichen Winden abhängt . Die Bewegung der inneren Energien ist mit dem Energiefluss und den Rhythmen der Außenwelt durch den Atem verbunden .

Das berühmte Tantra vom Rad der Zeit, Kalachakra , nennt in seiner Beschreibung der inneren Physiologie zwölf feinstoffliche Kanäle am Nabelchakra. Die Vitalenergien oder Atemzüge durchfließen die Kanäle als sechs Einatmungen und sechs Ausatmungen je abwechselnd zur linken und zur rechten Seite des Zentralkanals. In vierundzwanzig Stunden erfolgt zwölf mal ein Wechsel im Fluss dieser Energien, dem Kalachakra-Tantra zufolge alle 1800 Atemzüge (im vierundzwanzigstündigen Zyklus sind es insgesamt 21600 Atemzüge). Während jeder der zwölf Umkehrungen des Energieflusses durchlaufen 56,25 Atemzüge den Zentralkanal, im Zyklus von vierundzwanzig Stunden sind das 675 Atemzüge.

Dauer und Qualität eines Lebens sind abhängig von der Anzahl und der Qualität der Atemzüge. So kommt dem Atem in der tantrischen Praxis, wie auch in der Medizin ein wichtiger Stellenwert bei. Mit der „grobstofflichen Luft“, die wir atmen, sind die feinstofflichen Winde verbunden. Die spirituellen Yoga-Praktiken bestehen darin, die „karmischen Winde“ der geistigen Verblendung, die sich durch die Nebenkanäle bewegen, unter Kontrolle zu bringen. Durch Atemkontrolle und Atemanhaltungen werden diese Winde in den Zentralkanal überführt, dort gereinigt und in die so genannte Weisheits-Energie des gnostischen Gewahrseins umgewandelt . Durch Mantrarezitation, yogische Übungen und die Manipulation des Atems sollen die inneren und äußeren Energien transformiert und gelenkt werden, um psychophysische Disharmonien auszugleichen, d.h. Krankheiten aller Art zu heilen, oder spirituelle Verwirklichungen zu erlangen. Alle negativen Emotionen, Krankheiten und „Dämonen“ haben ihren Ursprung im verblendeten Bewusstsein; daher erfolgt ihre Befriedung auch über die Zähmung des Geistes. In den feinstofflichen Winden ist auch die Lebenskraft enthalten. Eine Stabilisierung dieser Lebenswinde hat eine Stabilisierung des Geistes zur Folge – ein Prinzip, das allen yogischen Praktiken zugrunde liegt.

Die inneren Winde und Energieflüsse werden zusammengefasst in den fünf individuellen Kräften, die mit den Elementen und den drei „Säften“ verbunden sind. Diese fünf Kräfte sind in der tantrischen Astrologie von Bedeutung. Zwei von ihnen spielen zudem in der Medizin eine Rolle:

- La, die Geisteskraft
- Sog, die Vitalkraft
- Lü, die physische Kraft
- Wan Thang, die Willenskraft
- Lungta, das Windpferd, das mit Glück und Erfolg in Verbindung gebracht wird .

Anhand von Berechnungen im Jahreshoroskop werden in der Astrologie Aussagen über die Beschaffenheit dieser Energien gemacht, indem die Kräfte des laufenden Jahres mit denen des Geburtshoroskopes verglichen werden. Zeigt sich dabei, dass die Lebenskräfte geschwächt sind, dann kann auf spezielle Rituale zurückgegriffen werden, mit deren Hilfe die Lebensspanne verlängert werden soll .

Sog, die Vitalenergie, bestimmt die Lebensdauer. Sie ist der „unzerstörbare Tropfen“ und der „lebenserhaltende Wind“ mit Sitz im Herzzentrum des feinstofflichen Körpers. Ist das Karma einer Existenz aufgebraucht, dann bleibt die Vitalenergie nach dem Tod im feinstofflichen Bardowesen, d.h. im Wesen des nachtodlichen Zwischenzustandes erhalten.

Das La, in der Tradition des Bön als Schattenseele bezeichnet, ist eine Psychoenergie, die mit der Geisteskraft und der psychischen Befindlichkeit zu tun hat. Ist die Lebenskraft geschwächt, dann kann es den Körper verlassen. Es kann sich verflüchtigen, umherirren oder von Dämonen geraubt werden, die es dann aufzehren. In solchen Fällen fühlt sich die Person leer, müde, erschöpft und wie hypnotisiert. Auch kann das La Ziel der Angriffe von Schwarzmagiern sein. Die Person stirbt dann innerhalb von sechs Monaten. Ist das La beschädigt, verloren gegangen oder geraubt worden, dann kann es mittels verschiedener Rituale zurückgeholt werden .


Schluss

Die traditionelle tibetische Medizin ist ein natürliches, holistisches Heilsystem, das auf einer umfassenden Philosophie und Kosmologie basiert, den ganzen Menschen in seine Betrachtungen einbezieht und sich der körperlichen, geistigen und spirituellen Bedürfnisse des Individuums annimmt. Heutzutage erlernen tibetische Ärzte neben der traditionellen tibetischen Medizin auch die westliche Medizin und verstehen es, letztere in die traditionelle Medizin zu integrieren. Auch im Westen gibt es ein wachsendes Interesse an der TTM als Ergänzung zur Schulmedizin. Die Ausbildungskurse der noch jungen Internationalen Akademie für Traditionelle Tibetische Medizin (IATTM) erfahren einen regen Zulauf von Menschen, die in Heilberufen tätig sind, darunter auch viele Ärzte, während gleichzeitig auch auf Seite vieler Patienten ein großes Interesse besteht, „tibetisch“ behandelt zu werden. Hierbei mag sicherlich auch das Klischee eine Rolle spielen, das Tibet als ein Land der heiligen Wundertäter verklärt. Andererseits mag es der westlichen Medizin möglicher Weise auch zum Vorteil gereichen, einen Hauch der tiefen Menschlichkeit und des Geheimnisvollen jenes alten Medizinsystems zu integrieren, das so erfolgreich durch die Jahrtausende bis in unsere Gegenart bestehen konnte.


Quellen:
Asshauer, Egbert
1993 Tibets sanfte Medizin. Freiburg i.Br.
1994 Tantrisches Heilen und tibetische Medizin. Grafing

Beer, Robert
2003 Die Symbole des tibetischen Buddhismus. München

Clark, Dr. Barry
1995 The Qintessence Tantras of Tibetan Medicine. New York

Clifford, Terry
1996 Die spirituellen Geheimnisse tibetischer Heilkunst. Frankfurt a.M.

Dunkenberger, Thomas
1999 Das tibetische Heilbuch. Aitrang

Jhampa Kelsang (Übers.)
1995 The Ambrosia Heart Tantra. Dharamsala

Lopön Tenzin Namdak / Karin Gungal
1998 Der heilende Garuda. Dietikon

Namkhai Norbu
1995 Drung, Deu and Bön. Dharamsala
1998 Dzogchen, der Weg des Lichts. München
2004 Geschichte und Kultur Tibets. Elmshorn

Ohanecian, Oliver
2007 Von der Wirkungsmacht des erwachten Geistes – „magische“ Elemente des Vajrayana-Buddhismus. In: Lademann-Priemer, Gabriele et.al.: Alles fauler Zauber? Beiträge zur heutigen Attraktivität von Magie. Münster

Reynolds, John Myrdhin
1996 The Golden Letters. New York

Schuhmann, Hans Wolfgang
1993 Buddhistische Bilderwelt. München

Tenzin Wangyal Rinpoche
2002 Die heilende Kraft des Buddhismus. München

Tuan, Laura
1996 Das tibetische Geheimnis von Jugend und Vitalität. München

Tulku Thondup
1994 Die verborgenen Schätze Tibets. Zürich-München

Willson, Martin
1996 In Praise of Tara. Boston

Internetseiten:
http://www.iattm.net/uk/faculties/ttm-intro.htm
http://www.ttm-germany.net/
http://www.shakyadorje.org/?q=History.html
http://www.men-tsee-khang.org/index.htm
http://www.trogawa.blogspot.com/

Reiki und der Medizinbuddha

Habe lang mit mir gerungen und mich jetzt entschlossen, doch zu unterrichten: Reiki abseits der Licht-und-Liebe-Ideologie. Reiki als eine der Praktiken des Medizinbuddha, als Methode der Tiefenentspannung und der Lebensführung.

Dreijähriges

Es ist nun schon wieder drei Jahre her, dass mein Buch veröffentlicht wurde. Die Zeit rast. Ich habe spaßeshalber vor ein paar Tagen mal meinen Namen bei Google eingegeben. Das erste, was in der Liste erscheint ist die schwachsinnigste Kritik, die zu diesem Buch überhaupt ins Internet gepustet wurde. Ich mußte so lachen! Irgendein Schaumschläger, der offenbar den Gardnerian Wiccas zuzurechnen ist, hat den Text bestenfalls auszugsweise gelesen und nichts verstanden. Witzig dabei ist, dass ihm im Wurzelwerk seinerzeit zwar vor allem von Rivka gründlich erläutert wurde, was er offensichtlich nicht verstanden hat. Es scheint aber an ihm vorbeigegangen zu sein, denn seinen abgrundtief dummen Text hat er im großen, weiten Internet stehen lassen.

Herrlich fand ich auch diese ganzen Herrschaften, die also besonders laut im www. lostrompeteten, warum dieses Buch ganz schlimm sei und dieser Oliver Ohanecian ein ganz furchtbar böser Mensch --- und schließlich stellte sich heraus, dass sie den Text nicht einmal auszugsweise gelesen haben.

Vielleicht sollte ich doch eher Mitleid empfinden, statt mich zu amüsieren...

Nomaden-Gen

Derzeit sind mir alle Tage doofe Tage. Wenn es nach mir ginge, dann wäre ich - bei entsprechender finanzieller Unabhängigkeit und Absicherung - unentwegt gemächlich auf Reisen und nur im Winter seßhaft. Ein großer Wohnwagen wäre gut, vorne dran eine sonnenenergiegespeiste Elektroakkuzugmaschine. Kann nicht mal jemand solche Maschinen erfinden? Müssen ja nicht sooo furchtbar schnell sein. Überhaupt wäre doch ein globaler Slowdown der Lebensweisen mal ganz schön, verbunden mit einer Lebensart, die fähig ist, die kleinen Dinge zu genießen und zu feiern.

In der Glotze kann man sich jeden Abend so einen überkandidelten Mist wie "Das perfekte Dinner" ansehen und sich vorgaukeln lassen, dass das irgendetwas Erstrebenswertes sei. Da lobe ich mir ein Lagerfeuer, einen Haufen natürlicher, freundlich-entspannter Menschen und dazu Kartoffel-, Nudel- und ähnliche Salate, irgendwelche Suppen u.ä.

Mir wurde mal an den Kopf geworfen, ich hätte halt die Tendenz zu breiigem Fraß aus dem Trog und irgendwie keinen Sinn für "Kultur". Ich fürchte das stimmt. Ich bevorzuge das Einfache und Ungekünstelte.

Mittwoch, 30. April 2008

Schöne globalisierte Welt

Europäische Lebensmittel werden nach Afrika zu Niedrigspreisen verscheuert. Die Bauern dort verarmen, weil sie mit den europäischen Preisen nicht konkurrieren können.Außerdem machen die europäischen Lebensmittel, u.a. auch Fleisch, krank, weil es in den afrikanischen Ländern unmöglich ist, für lückenlose Kühlketten zu sorgen.

Menschenverachtende Abzocke ist doch wirklich alles!


http://de.youtube.com/watch?v=Q431Yd1danQ

Auf den Punkt...

...genau drückt es Rilke aus:

hevb1ff6

So bin ich nur als Kind erwacht,
so sicher im Vertraun
nach jeder Angst und jeder Nacht
dich wieder anzuschaun.
Ich weiß, sooft mein Denken mißt,
wie tief, wie lang, wie weit -:
du aber bist und bist und bist,
umzittert von der Zeit.

(Rainer Maria Rilke)


Allerdings bin ich doch irgendwie immer Kind geblieben.

kalachakraih7

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