Sonntag, 7. Februar 2010

Schamanismus, Bön, Buddhismus

Was für ein schönes Fundstück im Netz http://www.boandbon.com/

Das ist übrigens die Seite zu einem der interessantesten Bücher zu den Themen Schamanismus, Bön und Buddhismus, die mir überhaupt jemals zwischen die Finger und unter die Augen gekommen sind.

Herrlich auch, wie unsere lieben Dussel-Esos abgefertigt werden... http://www.boandbon.com/Siberian%20Shamanism%20and%20Bo%20Murgel.html Kurz: Es gibt sie, aber sie sind völlig indiskutabel und haben mit Schamanismus nicht das Mindeste zu tun :o)))

"On top of that we now have the so-called 'New Age shamans' who believe in what they like, following a mixture of their own making with all but no idea about the choosing, obligations and work of a real shaman in the original sense of the word. Furthermore there is confusion between 'Shamanism' and 'Paganism', names which are often used interchangeably."




Links zu "Bө and Bön":

http://www.tengerism.org/
http://www.tengerism.org/common_misconceptions.html
"Some people in the West believe that if they work really hard and take classes, they can become a shaman. This simply is not so. A shaman is born and can not be made. The spirits choose a person at birth and shamans are given an extra soul. This is what makes a person a shaman, not classes and workshops.

There is nothing a person can do in their life to force the spirits to choose them. They have already chosen. There are other paths that a spiritual person can choose, however, that they can still serve their community in a spiritual way. Some of these callings are listed on this website under “Other Spiritual Callings”."

http://www.tengerism.org/turge_cover_page.html



http://www.der.org/films/in-pursuit-of-siberian-shaman-preview.html

http://www.triten.org/index.html
http://www.bonfoundation.org/aboutbon.html
http://www.yungdrung-bon.net/page/anglais/A-shenten.html
http://the-path-of-light.blogspot.com/
http://soundsseeds.blogspot.com/

Shamans from Russian Baikal and Yenisei Punk









Der Wolf, ein Symbol im Spiegel des Zeitgeistes

© Anissa Henze und Oliver Ohanecian

Der Mensch ist ein Sinn gebendes Wesen:Im ungeteilten Ganzen der Welt belegt er die Erscheinungen mit Bedeutung und bezieht sie in das System seiner sprachlichen Zeichen und gedanklichen Ordnungen mit ein. Das Geflecht dieser Bedeutungen, in die sich die Individuen verstricken, nennen wir Kultur. Der Wolf ist als biologisches Wesen eine Erscheinung der ungeteilten Welt, wird aber im Übrigen vom Menschen in dessen Vorstellung stets aufs Neue erschaffen. Es finden sich unzählige Geschichten, Fabeln, Sprichwörter und Abwehrzauber über und auch gegen den Wolf im Fundus von Brauchtum und Mythologie der Völker. Er dient hierbei als Projektionsfläche für die unterschiedlichsten Bedeutungszuschreibungen, in denen sich die jeweiligen sozialen, ökonomischen und politischen Verhältnisse widerspiegeln, wie auch das Bild, das sich der Mensch von der Natur, den Tieren und sich selber macht.

Die Darstellung des Wolfes in der Kulturgeschichte weist einen großen Facettenreichtum auf, der von der Widersprüchlichkeit lebt. Gerade weil dem Wolf mit zwiespältigen Gefühlen begegnet wird, die von Angst bis zu Faszination reichen, ist er als Symbol in unzählige Sprichwörter, Fabeln und mythologische Deutungen eingegangen. An dem einen Ende dieses Spektrums der Deutungen steht das Bild der wilden Bestie und diesem diametral entgegengesetzt am anderen Ende das Bild der fürsorglichen Mutter.


Ungezügelte Wildheit und dumme Stärke

Im Jahre 1756 schrieb John Adams, der sechste amerikanische Präsident, folgende denkwürdige Worte:

"Der gesamte Erdteil war, so weit das Auge reichte, eine einzige, trostlose Wildnis, in der Wölfe, Bären und noch wildere Menschen hausten (...) Nun sind die Wälder gerodet, und das Land ist mit Kornfeldern, mit Obstbäumen, die sich unter der Last der Früchte biegen, und mit prachtvollen Behausungen vernunftbegabter, gesitteter Erdenbürger bedeckt."

Die trostlose, weil ungezähmte Wildnis, von der hier die Rede ist, stellt das unzulängliche, weil "unzivilisierte" Pendant zur domestizierten Natur dar, die den Bedürfnissen "vernunftbegabter und gesitteter Erdenbürger" angepasst ist. Die Wildnis und die dem Wolf innewohnende Wildheit als Bewohner der Wildnis ist ein Symbol für die Unwägbarkeiten der ungezähmten Natur und der ungezähmten, animalischen Seite des Menschen. Der Wolf erscheint gleichsam als eine Art Spiegelbild der nicht zivilisierten Seiten des Menschen, die dieser nicht wahrhaben will. Somit symbolisiert die Ausgrenzung oder Vernichtung des Wolfes die Unterwerfung und Überwindung der äußeren und inneren Natur des Menschen selbst. Innerhalb dieser Argumentationslogik erhält die Ablehnung und Verdrängung des Wolfes aus der Kulturlandschaft eine moralische Legitimation und wird darüber hinaus noch zu einer moralischen Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft. In dieser Sichtweise tritt der Wolf oft auch als der Gottlose in Erscheinung. Hierbei findet eine Ideenverbindung von "Wildheit" und "Gottlosigkeit" in der Figur des Wolfes statt. Und von hier ist es dann nur ein kleiner Schritt zum Bösen schlechthin. In der christlichen Bilderwelt findet er sich in dieser Funktion als Sinnbild des teuflischen Feindes, der die Herde der Gläubigen bedroht, dargestellt als Lämmer, die von Christus als wohlwollendem Hirten geführt werden. Er stellt hierbei gleichermaßen eine Bedrohung von außen dar, wie auch eine von innen, nämlich als Feind, der innerhalb der Gemeinschaft einen zersetzenden Einfluss ausübt, der Wolf im Schafspelz.

Der Überlieferung nach erscheint der Teufel, sobald er genannt wird. Die gleiche Überlieferung galt auch für den Wolf. Sprach man also seinen Namen laut aus, so erschien er. Dieser Glaube führte dazu, dass er Isegrim genannt wurde, um die Nennung seines Namens zu vermeiden. Isegrim leitet sich ab von Eisen-Grimm, wobei Grimm der Zustand der Wut oder des Zornes ist, der sich in kalte Verbissenheit verwandelt hat.

Im indoeuropäischen Sprachraum wurde der Wolf häufig als ein Symbol für Wildheit
und Gesetzlosigkeit betrachtet. Hierbei ist er ein Wesen, das sich außerhalb weltlicher Normen bewegt, d.h. "Wolf" ist in diesem Fall gleichbedeutend mit "Übeltäter", "Würger", "Bösewicht", "böser Geist" oder "Verbrecher". Das althochdeutsche Wort "warg" stellt in diesem Zusammenhang wiederum eine Verbindung zum Teufel her. Der Richtspruch "Thou art a warg!" verurteilte die Verbrecher zur Verbannung aus der Gemeinschaft und damit zum Leben in der Wildnis nach Art eines Tieres. Er wurde durch diesen Richtspruch nicht länger als menschliches Wesen betrachtet.

Die Assoziation des Wolfes findet auch ihren Niederschlag auf der Ebene der Sexualmoral. Hier erscheint er als zügellos und triebhaft, daher "unmoralisch". Der Wolf symbolisiert hier die Gier und einen maßlosen Hunger, den Wolfshunger, der ihn alle Moral vergessen und zum Dieb oder schlimmer noch zum Verführer kleiner Mädchen werden lässt. Seine blinde Gier wird ihm jedoch zum Verhängnis, so dass er am Ende z.B. vom viel schlaueren Fuchs überlistet oder vom wachsamen Jäger ertappt werden kann.

Der Wolf diente jedoch nicht allein als Symbol für furchteinflößende Wildheit, sondern wurde oftmals auch zur Zielscheibe für Spott und Häme. In vielen Fabeln erscheint er als tölpelhafter Trottel, der vom schwächeren, dabei aber sehr viel klügeren Fuchs überlistet wird. Der Wolf repräsentiert hierbei meist die Oberschicht, während der Fuchs für den Untertanen steht, der durch Raffinesse die jeweiligen Verhältnisse, die er nicht in Frage stellt, zu seinen Gunsten nutzen kann.

Der Verehrte

Der Wolf wurde allerdings nicht nur gefürchtet, gehasst und verspottet, sondern andererseits auch im Kontext kriegerischer Gesellschaften und magischer Aggressivität als magisches und kraftvolles Wesen verehrt.

Weit verbreitet ist das Thema des Wolfes als Ahnherr oder Mutter mächtiger Krieger. So erscheint etwa im „Buch vom Ursprung der Mongolen“ in der Ahnenreihe Dschingis Khans an erster Stelle „…ein vom hohen Himmel erzeugter, schicksalserkorener grauer Wolf“. In der Gründungslegende Roms erscheint der Wolf als nährende Mutter von Kriegern. Romulus und Remus, die Gründer Roms, wurden der Legende zufolge aufgrund einer Verfehlung ihrer Mutter in einer Kiste auf dem Tiber ausgesetzt. Sie wurden dann von einer Wölfin gefunden und aufgezogen. Später gründeten die Adoptivsöhne der Wölfin eins der kriegerischsten und aggressivsten Reiche der Geschichte. Kämpfende, heldenhafte Krieger wurden häufig mit wütenden Wölfen verglichen, da der Wolf mit Attributen wie Verwegenheit, Grimmigkeit, Unbezähmbarkeit und Kampfeslust belegt wurde. Und so erscheint der Wolf als ein Symbol für ein aggressiv-kriegerisches Heldenideal.

Diese Gleichsetzung des Wolfes mit Kampf und Krieg spielt auch in der Magie eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt wahrscheinlich durch die Gründungslegende behielt der Wolf z.B. in Rom seine positive Bedeutung bei. Er wurde mit dem Kriegsgott Mars assoziiert und so konnte das Erscheinen eines Wolfes vor einer Schlacht als Omen eines bevorstehenden Sieges gelten. Eine andere magische Funktion war der Schutz. Seit alters her versuchte der den Naturgewalten ausgelieferte Mensch, sich durch Abwehrzauber zu schützen. Neben eher abstrakten magischen Zeichen waren es oftmals Tiere, darunter eben auch der Wolf, denen die abwehrenden Kräfte innewohnen sollten. Im Falle des Wolfes sollte beispielsweise der offene Rachen, angebracht an der Haus- oder Hoftür, schädigende Einflüsse wie Diebe, Dämonen, Zauberer und Hexen fernhalten. Eine solche Ideenverbindung von „Wolf“ und „magische Wirkung“ drückt sich ebenfalls in der Verwendung von Eigennamen wie Wolfgang, Wolfram u.ä. aus. Durch die Magie der Namensoltlen hierbei die magischen Kräfte des Wolfes auf den Namensträger übertragen werden.

Wandlungen eines Symbols

Die Wolfsdeutungen bilden die vorherrschenden Deutungsmuster der soziokulturellen Umwelt ab. Aus ihnen lässt sich ablesen, welche Herrschaftsverhältnisse bestehen, welche moralischen Vorstellungen vorherrschen, wie die Menschen sich selbst in Beziehung zu ihrer Umwelt betrachten und schließlich lässt sich in den ambivalenten Deutungen des Wolfes die Ambivalenz des menschlichen Wesens erkennen. Oftmals wurden Wolfsdeutungen außerdem zu politischen Zwecken instrumentalisiert.

Lange Zeit teilten sich Mensch und Wolf die gleichen Lebensräume. In Jäger-Sammlerinnen-Gesellschaften gab es meist eine friedliche Koexistenz von Mensch und Wolf. Der Wolf tat sich an den menschlichen Abfällen gütlich, der Mensch jagte dem Wolf bisweilen die Beute ab oder lies in selbst zur Beute werden. Der Wolf war hier als Jäger bewundert und hatte als soziales Tier Vorbildfunktion.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Wolf änderte sich mit der landwirtschaftlichen Nutzung vormals ungenutzter Gegenden. Während die Bevölkerung wuchs, wurde der Wolf durch zunehmende Waldrodungen und den Jagddruck des Adels auf das Wild seiner Rückzugsmöglichkeiten beraubt, so dass er sich an den Nutz- du Haustieren der Bauern schadlos halten musste. Er wurde so zu einer existentiellen Bedrohung für die ländliche Bevölkerung, was ihm den gnadenlosen Hass einbrachte, der auch noch heute aufzuflammen scheint, wann immer irgendwo ein freilebender Wolf auftaucht. Das Bild des Wolfes hatte sich nun vom bewunderten Jäger zum Schädling und Jagdkonkurrenten gewandelt. Die ersten organisierten Wolfsjagden Europas fanden unter Karl dem Großen (742-814) statt.

In der christlich geprägten Weltsicht des Mittelalters war eine magische Denkweise vorherrschend, die auf der dualistischen Unterscheidung von Gut und Böse basierte und in der Welt dementsprechend Herrschaftsbereiche Gottes und des Teufels erblickte. Hier erscheint der Wolf als Teufelstier, dessen Augen wie die des Teufels leuchten und so den Menschen verblenden. Während der Reformation und Gegenreformation schließlich wurde er gar zum Antichristen selbst stilisiert.

Die Renaissance setzte der Verteufelung des Wolfes ein anderes Bild entgegen. Aufklärerische Ratio wurde großgeschrieben und sollte den Aberglauben und überkommene Herrschaftsstrukturen ablösen. Der Mensch erschien als Herrscher der Welt, der die Natur nicht zu fürchten hatte. Das Teufelstier erfuhr nun einen Wandel zum belächelten und verharmlosten Trottel.

Im 19. Jahrhundert wurde die Bewertung des Wolfes einem weiteren Wandel unterzogen, als frei nach Charles Darwins Theorie das Recht des Stärkeren propagiert wurde. Dieser Denkweise zufolge rechtfertigte allein das Fortkommen des „Fittesten“ , des am meisten Angepassten – repräsentiert durch den Wolf – den Untergang seiner Beute, des Schwächeren. Dieses „Naturgesetz“ galt nicht nur im biologischen Rahmen, sondern wurde auch auf soziale Verhältnisse übertragen und legitimierte frühkapitalistisches Machtstreben und die Ausbeutung der Massen. Parallel hierzu entstand ein zunehmend entfremdet-romantisierender Blick auf die Natur, in dem der Wolf nun als Herrscher der unberührten Natur weit entfernter nördlicher Wälder erschien.

In den vergangenen Jahrzehnten setzte eine zunehmend romantisierende Verklärung des Wolfes ein. Man denke an schaurig-schöne pastellfarbene Weichzeichnerbilder, die als Poster die Wände „naturliebender“ Romantiker, vielleicht auch des einen oder anderen „naturreligiösen“ Esoterikers oder Betonschamanen zieren. Auf einer entlegenen Lichtung steht ein einsamer Wolf und heult einen Mond an, der übergroß über dem Horizont hängt. Wie er so dasteht, vermittelt er gar wunderbar das ganze Leid und die Einsamkeit der missverstandenen, verfolgten Kreatur und zugleich einen Hauch von Abenteuer und Wildheit.

Hier kommt eine diffuse Sehnsucht nach unberührter Natur zum Tragen, die Idee einer Abkehr von der überregulierten Zivilisation. Der Wolf erscheint nun gleichermaßen als mahnendes Symbol für das Fehlverhalten des Menschen gegenüber der Natur einerseits, wie auch für ein als naturnah verstandenes Selbstbild andererseits. Er ist somit ein Sinnbild einer ungezähmten und unbezwingbaren Natur, die dem Zivilisationsdruck trotzt.

Naturkonzeptionen und Wolfsdeutungen

Was aber ist „die Natur“? Im Wesentlichen lässt sich das Verhältnis, das der Mensch zu seiner Umwelt einnimmt, in zwei gegensätzlichen Beziehungsmustern beschreiben. Das eine ist durch das Bestreben gekennzeichnet, die menschliche Dominanz in der Umwelt zu etablieren. Das andere zeigt sich in einer Haltung, die eine friedliche Koexistenz von menschlicher Lebenswelt und Umwelt anstrebt.

Die Konzeptualisierung von „Natur“ in Richtung auf das erstgenannte Beziehungsmuster nimmt Umwelt unter einer Nützlichkeitsperspektive wahr, die „Natur“ hierbei in die Kategorien „Nützlichkeit“ und „Schädlichkeit“ in Bezug af den Menschen aufteilt. „Natur“ erscheint hier vor allem als Kulturlandschaft, die vom Menschen auf seine eigenen Bedürfnisse hin strukturiert wird. Als Kulturlandschaft ist sie nutzbar und nur als solche wertvoll. „Natur“ wird dabei speziellen Räumen zugewiesen und dort bewundert. Ihre „Wildheit“ wird touristisch eingezäunt. Tiere werden in gleicher Weise in nützlich und schädlich eingeteilt. Nutztiere sind materieller Besitz, den es vor den schädigenden Raubtieren (im Sinne von Besitz raubend) zu schützen gilt. Somit werden Raubtiere wie der Wolf abgelehnt, wenn sie sich nicht in einem eigens für sie bereitgestellten Raum befinden.

Dem gegenüber steht die Idee einer friedlichen Koexistenz von Mensch und Natur. Es handelt sich um eine Naturkonzeption, in der „Natur“ grundsätzlich akzeptiert wird und nicht erst speziellen Räumen zugewiesen werden muss. Diese Haltung kann sich z.B. in dem Bestreben ausdrücken, die Natur schützen und bewahren zu wollen. Allerdings bleibt auch hierbei in vielen Fällen eine grundsätzliche Abspaltung des Menschen von der „Natur“ erhalten. Der Mensch bleibt oft eine Art außen stehender Betrachter, der auf „die Natur“ als etwas schaut, das er schützen und entweder formen oder lassen kann. Was hingegen häufig fehlt ist der Schritt, die grundsätzliche Untrennbarkeit von Mensch und Umwelt in Erwägung zu ziehen.

Der Mensch ist untrennbar in die ihn umgebende Biosphäre, das ungeteilte Ganze der Welt, eingebettet. Er atmet, isst und trinkt. Er benötigt eine Fülle von Faktoren, um existieren zu können – Faktoren, die Bestandteil der Biosphäre sind und an die sich der Mensch im Zuge seiner Entwicklung angepasst hat. Jede seiner Körperfunktionen drückt diese Anpassung aus. Es liegt in seiner Natur, die von ihm wahrgenommenen Erscheinungen zu benennen und diese Benennungen in ein Verhältnis zueinander zu setzen. Allerdings werden die so gewonnenen sprachlichen Kategorien dann meist für die Wirklichkeit gehalten, während die Wirklichkeit hinter den Worten aus dem Sichtfeld verschwindet, denn wir haben als Menschen die Eigenart das wahrzunehmen, was wir felsenfest und in unserem tiefsten Inneren für wahr halten. Dieser Prozess an sich kann bereits eine Abspaltung von der umgebenden Wirklichkeit bewirken.

Die dargestellten Bedeutungen des Wolfes sagen letztlich wenig oder gar nichts über den Wolf aus. Sie spiegeln menschliche Vorstellungen, Ängste und Wünsche wieder. Allerdings trafen diese Projektionen zumindest in der Vergangenheit auf eine Projektionsfläche, die noch Teil der menschlichen Lebenswelt war. Der Wolf, der im ausgehenden Mittelalter von den Bauern gefürchtet, gehasst und verfolgt wurde, war für das Vieh tatsächlich eine sehr reale Bedrohung. Wie aber verhält es sich mit unserer Gegenwart? Wenn „Magier“, „Hexen“ oder „Schamanen“ unserer westlichen Industriegesellschaften den Wolf als ihr „magisches Seelentier“ entdecken und damit Bezug auf eine Umwelt nehmen, die bereits seit Jahrhunderten nicht mehr der erlebbaren Lebenswelt europäischer Menschen entspricht, wie weit geht dann die von ihnen behauptete „Naturnähe“? An dieser Stelle mag der Wolf noch eine weitere Bedeutung erhalten: Er gemahnt nunmehr an die immer weiter fortschreitenden Prozesse einer tief reichenden Abspaltung des Menschen von sich selbst.

Literatur:

Bächthold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens.

Biedermann, H. (Hrsg.): Lexikon der Symbole. Augsburg 2000

Bormann, N.: Vampirismus oder die Sehnsucht nach Unsterblichkeit. München 1999

Caluori, U.: Der Wolf – Wildtier oder wildes Tier? Eine Deutungsmusteranalyse in der Schweizer Bevölkerung. Bern 2000

Masson, J.M.: Hunde lügen nicht. München 2000

Zimen, E.: Der Wolf. München 1993

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